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Die neue Tiger ist ein Nichtfaucher

Die neue Tiger ist ein Nichtfaucher
In Portugal konnte MOTORRAD die neue Tiger 1200 ausgiebig testen.

Im Kern war die große Tiger stets ein sehr großes und schweres, komfortables und souveränes Reisemotorrad fernab jeglicher Offroad-Attitüden. Kreuzspeichenräder hin, Alukoffer her. In Vergleichstests tat sie sich gegen die Konkurrenz und vor allem gegen der omnipräsenten BMW GS stets schwer. Und doch war sie stets besser, als es die Verkaufszahlen belegen. 2020 zum Beispiel standen 510 Tiger 1200 in Deutschland knapp 9.300 BMW GS gegenüber.

Kein Status Quo

Das ist kein auf Dauer befriedigender Zustand. Und da klar war, dass man mit ein bisschen Krallen schärfen diesen kaum dauerhaft ändern wird, machte man in Hinckley Nägel mit Köpfen und erfand die Tiger kurzerhand neu. Das Ergebnis wurde der Öffentlichkeit jüngst im mit britischem Wetter gesegneten Portugal vorgestellt. Üblicherweise wird bei solchen Präsentationen die Konkurrenz, wenn überhaupt, nebulös als Wettbewerber oder Umfeld genannt, in diesem Fall sagte Triumph ganz klar und wenig überraschend, dass die GS als Vorbild und Benchmark gedient hat.

Bekannte Modellvielfalt

Um dieses Ziel zu erreichen, besser zu übertreffen, tritt die neue Tiger ebenso wie die alte in zwei Grundversionen an. Die GT steht auf 19/18-Zoll Gussrädern, die Rally auf 21/18-Zoll Kreuzspeichenrädern und bietet vorne wie hinten 220 statt 200 Millimeter Federweg. Insgesamt gibt es fünf Modelle, GT, GT Pro, GT Explorer sowie Rally Pro und Rally Explorer, wobei die Explorer mit 30 statt 20 Litern Tankinhalt sowie einem radargestützten Totwinkel-Assistenten unterwegs sind. Der zeigt durch Blinken im Rückspiegel an, das von hinten möglicherweise Unheil naht, kann aber deaktiviert werden. Das Basismodell GT stand bei der Präsentation nicht zur Verfügung. Es unterscheidet sich im Wesentlichen durch das Fehlen von Tempomat, Hauptständer und Heizgriffen, Quickshifter/Blipper und weniger elektronischen Gadgets wie die Hillholder genannte Berganfahrhilfe von den Geschwistern.

Sport-Motor für die Enduro

Allen gemein ist der parallel mit dem der Speed-Triple entwickelte, jedoch eigenständige 1160 cm³-Dreizylinder. Wie bei der aktuellen 900er-Tiger weist die Kurbelwelle keinen gleichmäßigen 120 Grad Hubzapfenversatz auf, sondern sorgt mit 90/180/90 für eine dank der ungleichmäßigen Zündfolge leicht rumpeligen Lauf und vor allem für ein mitunter Gänsehaut erzeugendes Ansauggeräusch. Hintenraus gibt sich der Triple trotz sehr kompakten Endschalldämpfers angenehm kleinlaut; Standgeräusch 92 dB(A). Mit seiner sehr gleichmäßigen, linearen und sehr fein dosierbaren Power von 150 PS und 130 Nm bleibt er zwar jeweils zehn Einheiten hinter KTMs SuperDuke zurück, hat aber 141 cm³ weniger Hubraum. Dafür liegt er mit der Leistung, das war den Triumph-Leuten wichtig zu erwähnen, 9 PS über dem Vorgängermodell und satte 14 über der des härtesten Bewerbers mit Kardanantrieb. Dass dieser beim Drehmoment die Tiger um ebenfalls 14 Einheiten überflügelt, das musste man aber selbst recherchieren. Sei's drum.

Leichtere Leistung

Wenn man auf der 12er-Tiger eines nicht hat, dann ist es Leistungsmangel. Weiterhin legte man Wert auf die Feststellung, dass die aktuelle Tiger gegenüber der Vorgängerin um 25 Kilogramm abgenommen hat, und bei vergleichbarer Konfiguration bis zu 17 Kilogramm unter der Bayerin liegt. Die offiziellen Angaben reichen fahrfertig vollgetankt von 240 Kilo für die Basis-GT bis hin zu 261 Kilo für den Fulldresser Rally Explorer.

Neues elektronisches Fahrwerk

Neben dem Antrieb ist allen großen Tigern das semiaktive Fahrwerk von Showa gemein. Es stellt sich selbstständig auf Beladungsänderungen ein und ist in der Dämpfungscharakteristik an die je nach Modell bis zu sechs Fahrmodi (Rain, Road, Sport, Offroad, Offroad-pro, sowie der quasi freiprogrammierbare Rider) angepasst. Zusätzlich kann in jedem Modus die Dämpfung via intuitiv zu bedienendem Menü während der Fahrt in bis zu neun Stufen feinjustiert werden. Wobei die Einstellung "soft" in Sport straffer ist als beispielsweise in Offroad. Insgesamt werden sowohl linker Daumen als auch der Spieltrieb gefordert und gefördert, denn selbstverständlich gibt es diverse Mappings und sonstige elektronische Spielereien wie Connectivity, Navigation und GoPro Kamera zu verwalten. Dank cleverer und intuitiver Menüführung geht das einfacher als gedacht und schon nach kurzer Zeit kann man seine Aufmerksamkeit wieder dem Fahren widmen. Was der Hauptzweck eines Fahrzeuges ist.

Offroad kann die Tiger

Am ersten von zwei Fahrtagen konnte man sich von den Offroad-Qualitäten der Tiger überzeugen. Die Bedenken, ob die Kombination von rund 250 Kilo Kampfgewicht, Schotterpisten unterschiedlichster Qualitäten und den doch schon einige Zeit zurückliegenden letzten Geländeaktivitäten des Autors wohl gutgeht, zerstreute die für diesen Zweck mit Michelin Anakee Wild gummierte Tiger bereits nach wenigen Metern. Die Ergonomie passt für's Fahren im Sitzen sowieso hervorragend und passt prima zum Stehen. Dank der guten Balance und der schmalen Taille verschwinden die Kilos scheinbar, sobald sich die Räder drehen. Doch Obacht, Masse schiebt. Dank des gut abgestimmten Offroad-ABS kann man aber beruhigt am rechten Hebel ziehen. Die Hardware, Magura HC1-Radialbremspumpe sowie Brembo Stylema-Bremssättel findet man normalerweise eher in den Boxengassen der (Asphalt) Rennstrecken dieser Welt. Nach wenigen Minuten hat man dann das für sich passende Setup gefunden und lässt die Tiger laufen, so gut man es eben kann. Wie wenig das ist, bzw. was mit einer 12er-Tiger so alles geht, zeigt nach Beendigung der Runde Iván Cervantes, seines Zeichens viermaliger Enduro-Weltmeister und derzeit mit der Entwicklung neuer Triumph-Offroader beschäftigt. Es ist sehr beeindruckend, wie schnell, wie schräg, wie quer und wie hoch so ein Vierteltonner unterwegs sein kann.

Straße kann die Tiger

Der zweite Fahrtag ist der Straße gewidmet. Die Rally rollt nun auf Metzeler Karoo Street Bereifung, die GT mit Metzeler Tourance Next. Und was auf der Piste hilft, schadet auf der Straße naturgemäß nicht. Dank guter Balance und schmaler Bereifung lässt sich die Tiger mühelos durchs portugiesische Hinterland treiben. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich vorne ein 19 oder 21 Zöller dreht, die Unterschiede beim Einlenkverhalten und Handling sind marginal. Dem Triple ist es im Prinzip egal welcher Gang eingelegt ist, für souveränen Durchzug ist im Sechsten noch gesorgt. Meist ist man zwischen 2.000 und 5.000/min und dabei keineswegs langsam unterwegs. Wer schalten will kommt in den Genuss des prima funktionierenden Quickshifter/Blipper-Kombi.

Stramme Kupplung und Lastwechsel

Die recht stramme Kupplung muss nur zum Anfahren betätigt werden. Auffällig war jedoch, dass in punkto Lastwechselspiel und Gasannahme zwischen den verschiedenen Bikes deutliche Unterschiede zutage traten. Während die einen butterweich und smooth unterwegs waren, nervten die anderen mit harscher Gasannahme. Das ganze jeweils unabhängig vom gewählten Modus. Womit schon der einzig ernsthafte Kritikpunkt der ersten Begegnung erwähnt wäre.

Ausstattung fast perfekt

Ein zweiter, weniger ernsthafter sind die wie bei der Neuner-Tiger recht fragilen Handprotektoren, die noch nicht einmal einen harmlosen Umfaller im Stand überleben, wie ein selbstloser Journalistenkollege Knall auf Fall recherchierte. Dem stehen so erfreuliche Eigenschaften gegenüber wie der einhändig während der Fahrt verstellbare Windschild, die hinterleuchteten Lenkerarmaturen, die logische Menüführung und die klare Gestaltung des TFT-Displays und einiges mehr gegenüber. So darf man den Briten schon jetzt attestieren, einen guten Job gemacht zu haben.

Umfrage

Der Straßenfahrer

Der Endurist

Der Abenteurer

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Fazit

Die Tiger ist auf Augenhöhe mit GS und Super Adventure angekommen, der entsprechende Vergleichstest wird spannend. Und ziemlich sicher sehr eng. Ab April werden wir es erfahren, dann kommt die Tiger zu Preisen von 17.750 (Tiger 1200 GT) bis 22.450 (Tiger 1200 Rally Explorer) Euro in den Handel.

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