Auf dem Sprung: Vorstellung der neuen Modellfamilie Triumph Tiger 1200
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Triumphs große Reiseenduro wurde nicht nur stärker, sondern – viel wichtiger – deutlich leichter. Wie bisher ist sie in Straßen- oder Geländeversion erhältlich.
Triumph präsentiert die Tiger 1200 für 2022 als eine komplette Neukonstruktion. Die große Reiseenduro bietet nicht nur mehr Leistung und modernste Elektronik, sondern ist vor allem auch deutlich leichter geworden. Wie gewohnt kommt die Tiger 1200 in mehreren Versionen, entweder mehr straßenorientiert oder mehr geländetauglich, je nach Geschmack.
Es ist schon vielsagend, dass im Triumph-Pressetext zu der neuen Tiger 1200 ganz oben steht: "signifikant leichter". In der Tat war das Gewicht der bisherigen 1200er Reiseenduro ein schwerwiegendes Problem. So angenehm das Reisen auf ihr war und so kräftig der Dreizylinder sich auch ins Zeug legte, das Leergewicht von 269 kg bei der Version mit Gussrädern und gar 272 bei der Drahtspeichen-Variante ließ sich nicht wegdiskutieren. Mit einigem Zubehör ausgestattet näherte sich die Tiger 1200 schon bedenklich der 300-Kilogramm-Marke. Nun verkündet Triumph über 25 kg Gewichtverlust und kann sich den Seitenhieb nicht verkneifen, dass die Tiger 1200 nun bis zu 17 Kilogramm leichter ist als die nächste Reiseenduro-Konkurrentin mit Kardanantrieb. Womit natürlich der Bestseller BMW R 1250 GS gemeint ist.
Das Einzige, was von der Vorgängerin blieb, ist die Modellbezeichnung. Das Herz der Tiger 1200 bildet der aus der Speed Triple 1200 bekannte Dreizylindermotor mit 1160 Kubikzentimeter Hubraum. Durch seine sogenannte "T-Plane"-Kurbelwelle zündet der Motor in Abständen von 180, 270 und wiederum 270 Grad Kurbelwellenwinkel. Ursprünglich sollten solche Modifikationen im Zündabstand auf der Rennstrecke zu einer verbesserten Traktion bei niedrigen Drehzahlen führen. Die kleine Abweichung zu einer je Zylinder um 120 Grad gekröpften Welle dürfte in dieser Hinsicht aber kaum etwas bringen, zudem ist die Tiger ja auch keine Rennmaschine. Wir vermuten vielmehr eine Art "Hardware-Sounddesign" durch den veränderten Auspuff-Rhythmus.
Triumph Tiger 1200 (0 Bilder) [2] [3]Leistet der Dreizylinder in der Speed Triple eindrucksvolle 180 PS bei 10.750/min und 125 Nm Drehmoment bei 9000/min, ist er in der Reiseenduro deutlich mehr Richtung Drehmoment abgestimmt. Bei identischem Bohrung-Hub-Verhältnis kommt die Tiger 1200 auf 150 PS bei 9000/min und 130 Nm bei 7000/min. Bulliger Durchzug ist also garantiert. Dabei ging die Vorgängerin mit 141 PS und 122 Nm aus 1215 Kubikzentimeter schon recht kräftig zur Sache. Interessant ist, dass die Speed Triple 1200 über Kettenantrieb zum Hinterrad verfügt, die Tiger 1200 aber einen wartungsarmen Kardanantrieb hat. Offensichtlich haben die Motorenentwickler schon im Frühstadium des neuen Dreizylinders beide Antriebsarten berücksichtigt.
Optisch ähnelt die Tiger 1200 sehr der kleineren Tiger 900 [5]. Im Design wirkt die 1200er nun deutlich schlanker als die etwas pummelige Vorgängerin [6]. Das macht vor allem die filigranere Front mit den beiden LED-Scheinwerfern aus, deren Halterung von einem Loch durchbrochen ist. Statt eines breiten Kühlers vorn bekommt die neue Tiger 1200 zwei, aber seitlich unterhalb des Lenkkopfs. Selbst der Schalldämpfer erscheint für die Reiseenduro-Klasse erstaunlich kompakt. Ein um 5,4 Kilogramm leichterer Gitterrohrrahmen aus Stahl fungiert als Rückgrat und der Aluminium-Heckrahmen ist endlich daran verschraubt und nicht mehr wie früher verschweißt. Ein durch Sturz verbogenes Heck lässt sich nun deutlich günstiger mit dem Schraubenschlüssel reparieren. Das Hinterrad wird nicht mehr von einer Einarmschwinge geführt, sondern von einer Mehrgelenk-Zweiarmschwinge. "Tri-Link" spart 1,5 kg ein und soll die Antriebseinfüsse minimieren: Triumph behauptet, dass die Tiger 1200 neue Maßstäbe für das Handling auf der Straße und im Gelände setzt.
Fünf ModellvariantenWas uns zu den fünf Modellvarianten bringt. Bei den Tiger 1200-Modellen erscheint die Vielfalt zunächst verwirrend, ist aber im Grunde einfach: Entweder Aluminium-Gussräder mit 19 Zoll vorne und 18 Zoll (bislang 17 Zoll hinten) für den überwiegenden Straßeneinsatz oder Drahtspeichenräder mit vorne 21 und hinten 18 Zoll, um auch im Gelände adäquat unterwegs zu sein. Die Asphaltversionen nennen sich GT und die Off-Road-Varianten Rally. Alle fünf Modelle verfügen über denselben Motor, Rahmen, Schwinge und Bremsen sowie ein semi-aktives Fahrwerk von Showa, allerdings mit unterschiedlich langen Federwegen.
Die Sitz-Ergonomie der Tiger 1200 zeigt sich neu gestaltet und soll zur gesteigerten Fahrdynamik beitragen. Die Sitzbank ist vorne schmaler geschnitten für eine geringere Schrittbogenlänge und ist in zwei Stufen von 850 und 870 Millimeter (GT) bzw. 875 und 890 Millimeter (Rally) einstellbar, auch die Position der Fußrasten wurde verändert. Der neu geformte Windschild lässt sich mit nur einer Hand verstellen und besitzt Diffusoren, die den Wind von Fahrer und Sozius abhalten sollen. Alle Tiger 1200 besitzen ein schlüsselloses System für Zündung, Lenkschloss und Tankdeckel.
Semi-aktives Fahrwerk serienmäßig"GT" heißt das schon recht gut ausgestattete Basismodell mit LED- und Tagfahrlicht-Scheinwerfer, zwei radial montierten Brembo-Stylema-Bremszangen und 320-mm-Doppelscheibenbremse, radialem Magura-Handbremszylinder und Handprotektoren. Ein sieben Zoll großes TFT-Display mit Bluetooth-Konnektivität zum Smartphone ist an Bord und wird über einen Fünf-Wege-Joystick am linken Lenkerende betätigt. Die Schalter sind alle beleuchtet und unter dem Sitz befindet sich ein Staufach mit USB-Ladeanschluss. Das semi-aktive Fahrwerk ist in drei Fahrmodi (Regen, Straße, Sport) einstellbar und verfügt über 200 Millimeter Federweg vorne und hinten. Eine optimierte Schlupfregelung für Kurvenfahrten gewährt noch mehr Sicherheit. Die GT wiegt laut Triumph 240 kg mit vollem 20-Liter-Tank.
Erste Triumph mit RadarsystemDie GT Pro bietet eine noch bessere Ausstattung, so sind ein adaptives Kurvenlicht, Quickshifter für beide Schaltrichtungen, Heizgriffe und Aluminium-Motorschutz serienmäßig an Bord. Außerdem verfügt die Elektronik zusätzlich über den Fahrmodus Off-Road, einen frei konfigurierbaren Fahrmodus und eine Berganfahrhilfe. Durch die Zusatzausstattung bringt die GT Pro 245 kg auf die Waage. Die GT Explorer unterscheidet sich vor allem durch ihren 30-Liter-Tank, der die Reichweite erheblich vergrößert, und einen soliden Motorschutzbügel. Sie verfügt als erste Triumph serienmäßig über das "Blind Spot Radar System" von Continental. Dabei warnt ein nach hinten gerichtetes Radar vor Fahrzeugen im toten Winkel und der Spurwechselassistent vor herannahenden Verkehrsteilnehmern, sobald der Fahrer anzeigt, dass er ausscheren möchte. Leergewicht der GT Explorer: 255 Kilogramm.
Rally-Modell agiler für den GeländeeinsatzKommen wir zum Off-Road-Lager: Die Rally Pro hat auch ein semi-aktives Fahrwerk von Showa, aber bietet mit 220 Millimeter vorne und hinten 20 Millimeter mehr Federwege. Auf ihre Drahtspeichenräder hat Triumph Metzeler Karoo Street aufgezogen, die grobstolliger sind als die Metzeler Tourance auf den Gussrädern der GT-Versionen. Mit 21 Zoll Durchmesser ist das Vorderrad der Rally geländegängiger als der 19-Zöller der GT. Sie verfügt zwar über den identischen Radstand von 1560 Millimeter, aber über eine steiler stehende Upside-down-Gabel mit 66,3 Grad Lenkkopfwinkel, bei der GT sind 65,9 Grad. Ihr Nachlauf ist mit 112 Millimeter um acht Millimeter kürzer als bei der Gussrad-Variante. Das soll für mehr Agilität im Gelände sorgen.
Triumph Tiger 1200 (8 Bilder) [7] [8]Zusätzlich bekommt die Rally Pro den Fahrmodus Off-Road Pro, bei dem ABS und Schlupfregelung ausgeschaltet sind und sich die Drosselklappensteuerung den Anforderungen anpasst. Die Rally Pro bringt 249 Kilogramm Leergewicht auf die Waage. Die Rally Explorer schließlich hat wie die GT Explorer einen 30-Liter-Tank, "Blind Spot Radar System", einen um 16 Millimeter höheren Lenker, beheizbare Sitze und Reifendruckkontrollsystem. Außerdem bekommt sie als einzige Tiger 1200 serienmäßig einen Tankschutzbügel, der auch gleichzeitig die Kühler vor Schäden bewahrt. Mit 261 Kilogramm Leergewicht ist die Rally Explorer zwar die schwerste Version der neuen Tiger 1200-Reihe, wiegt aber, trotz des riesigen Tanks, immer noch acht Kilogramm weniger als die leichteste Version der alten Baureihe.
Über 50 ExtrasBei den Extras für die Tiger 1200 kann der geneigte Kunde über 50 Posten ankreuzen. Sehr beliebt dürften die beiden Gepäcksysteme sein, die Triumph zusammen mit dem Spezialisten Givi entwickelt hat: Die "Expedition"-Koffer aus Aluminium mit 42-Liter-Topcase oder die "Trekker"-Koffer mit einem 52-Liter-Topcase, das zwei Helme fasst. Während es die Tiger 1200 GT nur in "Snowdonia White", gibt stehen bei der GT Pro und GT Explorer neben "Snowdonia White" noch die Farboptionen "Sapphire Black" und "Lucerne Blue" zur Auswahl, bei der Rally Pro und Rally Explorer sind es "Snowdonia White", "Sapphire Black" und "Matt Khaki".
Die Preise der neuen Tiger 1200 starten bei 17.750 Euro für die GT, die GT Pro kostet 19.950 Euro, die Rally Pro 20.950 Euro, GT Explorer 21.450 Euro und die Rally Explorer 22.450 Euro. Klingt erst einmal teuer, aber ausstattungsbereinigt liegt die Tiger 1200 teilweise sogar deutlich unterhalb der Konkurrenz. Die ersten Exemplare sollen ab März 2022 zum Triumph-Händler rollen.
Technische Daten Triumph Tiger 1200 GT / Tiger 1200 Rally Hersteller Triumph Modell Tiger 1200 GT / Tiger 1200 Rally Motor und Antrieb Motorart Otto Zylinder 3 Ventile pro Zylinder 4 Hubraum in ccm 1160 Bohrung x Hub 90,0 x 60,8 Leistung in kW (PS) 110 (150) bei U/min 9000 Drehmoment in Nm 130 bei U/min 7000 Antrieb Kardan Getriebe Sequenzielles Schaltgetriebe mit Schaltassistent Gänge 6 Fahrwerk Rahmen Stahl-Gitterohr Radaufhängung vorn Upside-Down-Telegabel, 43 mm Standrohr Radaufhängung hinten Aluminium-Einarmschwinge mit Feder-Dämpferbein Reifengröße vorn 120/70-19 bzw. 150/70-18 Reifengröße hinten 90/90-21 bzw. 150/70-18 Bremsen vorn Doppelscheibe, 320 mm, Vierkolben-Festsättel, radial montiert Bremsen hinten Einzelscheibe, 255 mm, Doppelkolbenbremszange Lenkkopfwinkel in Grad 65,9 / 66,3 Nachlauf in mm 120 / 112 Federweg in mm v/h 200 / 220 Maße und Gewichte Radstand in mm 1560 Leergewicht 240 bis 261 Tankinhalt in Litern 20 / 30 Sitzhöhe in mm 850 – 870 / 875 – 895 Daten Stand Dezember 2021URL dieses Artikels:https://www.heise.de/-6288142
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