ÜBERBLICK am Mittag/Konjunktur, Zentralbanken, Politik
DJ ÜBERBLICK am Mittag/Konjunktur, Zentralbanken, Politik
Die wichtigsten Ereignisse und Meldungen zu Konjunktur, Zentralbanken, Politik aus dem Programm von Dow Jones Newswires
Ifo-Geschäftsklimaindex steigt im Februar unerwartet deutlich
Das Geschäftsklima in Deutschland hat sich im Februar deutlicher als erwartet aufgehellt. Der vom Ifo-Institut erhobene Geschäftsklimaindex stieg auf 98,9 (Januar revidiert: 96,0) Punkte. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte hatten einen Anstieg auf nur 96,5 Punkte prognostiziert. Für Januar waren vorläufig 95,7 Punkte gemeldet worden. Der Index der Geschäftslagebeurteilung erhöhte sich auf 98,6 (revidiert 96,2) Punkte, erwartet worden waren 96,4 Punkte, der vorläufige Januar-Wert lag bei 96,1 Punkten. Die Index der Geschäftserwartungen kletterte auf 99,2 (revidiert 95,8) Punkte. Die Prognose lag bei lediglich 96,0 Punkten, Basis war ein vorläufiger Januar-Wert von 95,2 Punkten.
VP Bank: Ifo-Anstieg leider nur Momentaufnahme
Der unerwartet deutliche Anstieg des Ifo-Geschäftsklimaindex im Februar ist nach Meinung von Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der liechtensteinischen VP Bank, "leider nur eine Momentaufnahme". "Die jüngsten Entwicklungen im Osten der Ukraine überlagern derzeit gute Konjunkturindikatoren. Klar ist, dass in Anbetracht des eskalierenden Konflikts auch Sorgen im Unternehmenslager zunehmen", schreibt Gitzel in einem Kommentar. Europa sei hochgradig von russischem Gas abhängig, knapp die Hälfte ihres Gases beziehe die EU aus Russland. "Russische Gaslieferungen können nicht vollständig kompensiert werden - und genau hierbei fangen die Sorgen der Industrie an", konstatiert der Ökonom.
ING: Ukraine-Krise und Inflation erhöhen Unsicherheit
Die Eskalation der Ukraine-Krise und die Gefahr weiter steigender Inflationsraten erhöhen nach Aussage von ING-Europa-Chefvolkswirt Carsten Brzeski die Unsicherheit deutlich und lassen den unerwartet starken Anstieg des Ifo-Geschäftsklimaindex als Blick in die Vergangenheit erscheinen. "Wir wollen nicht über die nächsten Schritte in der Russland-Ukraine-Krise spekulieren, aber es ist klar, dass die neue Ungewissheit die Stimmung in der Wirtschaft belasten, die Kaufkraft dämpfen wird, wenn die Energiepreise weiter steigen, und schließlich auch die Unternehmensinvestitionen vorübergehend dämpfen könnte", schreibt Brzeski in einem Kommentar.
KfW: Damoklesschwert hängt über Konjunkturerholung
Über der sich mit einem unerwartet deutlichen Anstieg des Ifo-Geschäftsklimaindex andeutenden Erholung der deutschen Konjunktur hängt nach Aussage von KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib das Damoklesschwert des Russland-Ukraine-Konflikts. "Die Angst vor einem Krieg in Europa liegt in der Luft - mit möglicherweise deutlichen Auswirkungen unter anderem auf die Energieversorgung und die Energiepreise", schreibt die Ökonomin in einem Kommentar.
Scholz: Deutschland stoppt vorerst Ostsee-Pipeline Nord Stream 2
Deutschland wird aufgrund des russischen Vorgehens in der Ostukraine den Zertifizierungsprozess für die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 vorerst stoppen, erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Scholz warf dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vor, mit der Anerkennung von zwei ostukrainischen Separatistengebieten einen "schwerwiegenden Bruch des Völkerrechts" vorgenommen zu haben. Dies werde eine robuste und massive Reaktion der internationalen Staatengemeinschaft zur Folge haben, so Scholz.
Borrell: EU entscheidet am Dienstag über Sanktionen gegen Russland
Die EU will am Dienstagnachmittag über erste Sanktionen gegen Russland im Zusammenhang mit der Eskalation im Ukraine-Konflikt entscheiden. "Natürlich wird unsere Antwort in Form von Sanktionen erfolgen", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell in Paris. Über deren Umfang würden die EU-Außenminister entscheiden. "Ich bin mir sicher, dass es eine einstimmige Entscheidung geben wird."
Ukraine fordert "harte Sanktionen" gegen Russland
Die Regierung Kiew fordert nach der Eskalation der Spannungen mit Russland strikte Sanktionen gegen Moskau. Er arbeite mit westlichen Verbündeten "intensiv daran, dass harte Sanktionen" gegen Russland verhängt werden, erklärte Außenminister Dmytro Kuleba. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte die Unabhängigkeit der Separatisten-Gebiete in der Ostukraine anerkannt. Er kündigte zudem die Entsendung russischer Soldaten in die Gebiete an. Die USA und die EU kündigten daraufhin umgehend Sanktionen an. Washington verhängte bereits am Montag Strafmaßnahmen gegen die Separatistengebiete und kündigte für Dienstag weitere gegen Russland an.
Selenskyj erwägt Abbruch der Beziehungen mit Russland
Nach der Anerkennung der ostukrainischen Separatisten-Gebiete Luhansk und Donezk durch Kremlchef Wladimir Putin erwägt der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj einen Abbruch der Beziehungen zu Russland. Er habe ein entsprechendes Ersuchen seines Außenministeriums erhalten und werde dieses nun "prüfen", sagte Selenskyj in Kiew. Kurz darauf berief das ukrainische Außenministerium seinen Geschäftsträger in Moskau zu Konsultationen nach Kiew zurück. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow warnte, ein Abbruch der bilateralen Beziehungen würde die Lage nur weiter verschärfen. "Das ist ein Szenario, das äußerst bedauerlich wäre, das alles nur noch schlimmer machen würde, nicht nur für die Staaten, sondern auch für die Bevölkerung", sagte Peskow in Moskau.
Rabobank: Ukraine-Konflikt verschärft Klemme für Geldpolitik
Die sich zuspitzende Situation zwischen Russland und der Ukraine verschärft nach Aussage der Rabobank die widerstreitenden Handlungsanreize, denen sich die politischen Entscheidungsträger weltweit ausgesetzt sehen: Einerseits steige die Inflation wegen der eingeschränkten Energielieferungen aus Russland und Getreideexporte aus der Ukraine, und andererseits verschlechterten sich Aussichten für die Nachfrage, weil Verbraucher mit immer teureren Lebensmittel- und Kraftstoffrechnungen zu kämpfen hätten, schreiben die Analysten dieses Hauses in einem Kommentar.
Commerzbank: Ukraine-Krise verunsichert Wirtschaft
Die Eskalation der Ukraine-Krise verursacht nach Aussage von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer eine große Unsicherheit, die Gift für die Wirtschaft ist. "Außerdem ist es zumindest denkbar, dass Russland bei einer weiteren Eskalation der Krise den Gashahn zudreht", schreibt Krämer in einem Kommentar zum unerwartet deutlichen Anstieg des Info-Geschäftsklimaindex im Februar.
Feri: Russland und China nutzen Chance zur "Triangulation"
Das Feri Cognitive Finance Institute sieht eine neue "geopolitische Triangulation". "Mit seinem Einmarsch in die Ostukraine schafft Russlands Präsident Vladimir Putin neue geopolitische Fakten. Wie schon zuvor bei der Krim folgt diese Annexion einem präzisen und von langer Hand geplanten Drehbuch", schreibt Heinz-Werner Rapp, Gründer und Leiter des Feri Cognitive Finance Institute. "Auch wenn die Theatralik dabei kaum zu übersehen ist, verändert Putin so mit einem Schlag den geopolitischen Status Quo."
Deutsche Bank: Wie einheitlich reagiert Westen auf Russland?
Aus Sicht von Deutsche-Bank-Volkswirt Jim Reid ist im Russland-Ukraine-Konflikt der nächste interessante Punkt, welche Sanktionen der Westen gegen Russland verhängt und ob die Reaktion der USA und Großbritanniens mit der der EU koordiniert wird. "Europa hat wirtschaftlich mehr zu verlieren, daher wird dies sehr interessant sein", schreibt Reid in seinem Morgenkommentar. Die meisten Länder hätten sich über Nacht geäußert und angekündigt, dass sie in Kürze Sanktionen gegen Russland verhängen würden.
Opec-Mitglieder wollen trotz Ukraine-Krise untätig bleiben
Die führenden Opec-Produzenten Irak und Nigeria haben erklärt, es bestehe keine Notwendigkeit, jetzt noch mehr Öl zu pumpen, während die Preise nach der russischen Anerkennung der Separatistengebiete näher an die 100-Dollar-Marke pro Barrel stiegen. Die Nachricht kommt, nachdem Saudi-Arabien, der weltweit größte Exporteur, bereits vorige Woche die Aufforderung der USA zurückgewiesen hatte, zusätzliche Barrel zu fördern.
DJG/DJN/AFP/apo
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February 22, 2022 07:30 ET (12:30 GMT)
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