Neue Musik von Leyya, Wanda, Wiener Planquadrat u.v.m.
Indiepop über Einsamkeit, Dancebeats über Lignano und Irish angehauchter Folk über das pure Minimum. Das sind die neuesten Videos und Singles aus Österreich.
von Andreas Gstettner-Brugger
In genau einem Monat ist es soweit. Das Wiener Donauinselfest rückt näher und wir freuen uns auf die heimischen Acts Nnoa und Resi Reiner, die auf der FM4-Bühne spielen werden.
Am Wochenende hat Bibiza das Ende seiner „Schickeria“-Tour in der ausverkauften Open Air Arena gefeiert. Ausgelassen und mit großer Zufriedenheit performte Bibiza das Heimspiel und und freute sich, nicht wie in Deutschland den Inhalt seiner wienerischen Texte erklären zu müssen. Falls ihr Bibiza verpasst habt, am 27. Juni könnt ihr ihn nochmal live beim Lido Sounds erleben.
Mit glitzernden Gitarren fragt sich Kevin Cool: was für ein Leben? Und wenn er hinspürt, fühlt er „Pain“ in seinen Adern. Darüber hat er einen poppigen, beatlastigen Song geschrieben. Ein cooler Track, der in seinem Studio in 1070 entstanden ist. Susi Ondrusova hat Kevin Cool dort besucht.
Leyya - „Sometimes You’re Lonely“ / „Ease My Mind“
Sophie Lindinger und Marco Kleebauer haben wieder zurück zu ihrem Projekt Leyya gefunden. Nach der ersten Single „Half Asleep“ veröffentlicht das Duo vor Albumrelease noch eine Doppelsingle. „Sometimes You’re Lonely“ ist ein sich sanft einschleichender, melancholischer Indie-Elektro-Popsong über das Gefühl der Einsamkeit, selbst wenn man von Freunden, Familie und anderen Menschen umgeben ist. Und „Ease My Mind“ ist eine musikalisch munterer klingende Selbsterforschung. Denn auch wenn man meint, sich selbst zu beruhigen und sich gut zuzusprechen, erkennt man manchmal, dass man sich noch nicht so weit entwickelt hat, wie man sich selbst vormacht. Ein selbstkritischer, aber zugleich auch versöhnlicher Song.
Beide Songs machen hörbar, dass Leyya es geschafft haben, ihren ursprünglichen Spirit wiederzufinden. Einfach Musik zu machen, ohne viel darüber nachzudenken. Dadurch ist etwas sehr Frisches und künstlerisch Hochwertiges entstanden, wie auch das Video eindrucksvoll zeigt.
Auch sonst hat sich diese Woche viel getan in der österreichischen Musikszene.
Wanda - „Wachgeküsst“
Die Band Wanda hat sich aus Trauer und Schmerz neu geboren. Aus dem von Todesfällen ausgelösten Schock und anfänglicher Starre ist neue, berührende Musik entstanden. So präsentieren Wanda am 7. Juni ihr „Debüt“-Album „Ende Nie“. Also ein Debüt der neuen Formation, mit dem sie eine Neugeburt feiern. Nach der ersten Single „Bei niemand anders“ erscheint jetzt noch, kurz vor Albumrelease, das Liebeslied „Wachgeküsst“.
Es ist eine ehrliche und unromantische Verarbeitung eines Prozesses vom „Monster“ zum das Leben wieder Liebenden. Im Video wird dies mit „morbidem Scharm“ umgesetzt, wenn sich Marco Wanda und seine „Braut“ am Friedhof küssen. Dieser Song geht tief.
Wiener Planquadrat feat. rossvanboss - „Austriano Celentano (Tutto Gas)“
Das Pfingstwochenende führt leider schon traditionell zu Exzessen im ansonsten beschaulichen Badeort Lignano in Italien. Die Region verwandelt sich dann in eine ausufernde Partyzone, und nicht selten ist es in letzter Zeit auch zu Gewalttätigkeiten gekommen. Den Wiener Sänger und Songschreiber rossvanboss, der einen großen Hang zu italienischem Pop hat, hat eine Doku über die Ausschreitungen in Lignano so beschäftigt, dass er einen Song darüber schreiben musste. Dafür hat er sich mit dem elektronischen Produzentenduo Wiener Planquadrat zusammengetan.
Entstanden ist so - wie rossvanboss mit lachendem Unterton meint - der Sommerhit 2024. Der „Austriano Celentano“ gibt darin über schnelle Dance-Beats hinweg Vollgas. Mit dem roten Cabrio und der blonden Frau am Beifahrersitz. Ein tanzbares Stück mit ironischem Unterton.
The Belgian Blue - „The Bare Minimum“
The Belgian Blue haben einen wundervollen Lo-Fi-Indiepop-Song geschrieben. Die Band verbindet klassisches Singer/Songwritertum mit Irish Folk. Schließlich besteht sie aus österreichischen, amerikanischen und irischen Musikern. Ursprünglich war The Belgian Blue ein Duo, das sich jeden Sonntag an der gleichen Wiener Straßenecke zusammengefunden hat, um zu spielen, so der Gründungsmythos.
Die erste Single „The Bare Minimum“ wächst im Verlauf des Songs über sich hinaus. Die markante und spannende Stimme bekommt über die Länge des Songs hinweg immer mehr Ausdruck. Die Studioaufnahme ist eine wundervoll produzierte, raue Aufnahme geworden, die das Live-Feeling der Band gut einfängt. Hier das Live-Video, das es schon länger gibt und das einen sehr schönen Einblick in die Banddynamik liefert. Präsentiert wird die Single morgen, 22.5., live im Wiener Chelsea.
Ernst - „Don’t Buy It“
Gegründet wurde die Band Ernst in England von Dan, der dann in Wien Sängerin Nicki kennenlernte. Nach einiger Zeit gemeinsam in England haben Dan und Nicki ihre Zelte endgültig in Wien aufgeschlagen. Die Single „Don’t Buy It“ startet mit einem prägnanten Synthie, entwickelt sich jedoch dann zu einem eher klassischen Indiepop-Song. Ein bisschen Slide-Gitarren und verschlungene Harmonien mit mehrstimmigem Chorus, das sind die Zutaten von Ernst.
Auch noch gut und gut zu wissen
- Produzent salute hat Wien verlassen, weil ihm die rassistischen Übergriffe zu viel geworden sind. Auch die Band Color The Night hat verbale Angriffe und Alltagsdiskriminierungen erlebt. Die Single „Disappointment“ erzählt von den verletzenden Erfahrungen, die queere Menschen in Österreich immer wieder erleben.
- Ein super flinker Indierock-Song von Neps spricht uns gut zu, entspannt zu bleiben. Egal, was gerade in unserem Leben passiert. „Take It Easy“ hat noch dazu einen wunderschönen Mitsingpart! lalala dadada...
- Schräg, im wahrsten Sinne des Wortes - jedenfalls in den ersten 15 Sekunden des Videos. Da steht Sängerin Conny Frischauf schief wie die Bäume neben ihr. Vielleicht liegt es am „Nordwestwind“, der hier mit Drummachine und schönen Synthies eine Hymne bekommen hat.
- Herrlich Lo-Fi gehen es Topsy Turvy an. Zwischen Surfrock und Nägel beißen erforscht „Marcelino“ das Innenleben im charmanten Monolog.
In dieser wöchentlichen Rubrik fassen Lisa Schneider und Andreas Gstettner-Brugger zusammen, was in der österreichischen Musikwelt an guten, zumindest aber spannenden Dingen passiert ist. Neue Bands und Songs, Videos und Konzerthighlights und natürlich auch ein bisschen Gossip.
- Die Wiener/Linzer Formation Ende hat mit „Alles“ einen neuen post-punkigen Elektro-Dance-Knaller geschrieben. Ein Song darüber, dass man für eine andere Person alles tun würde, auch wenn man sich dessen bewusst ist, dass das vielleicht keine so gute Idee ist.
- Warmer Soul, funkige Basslinien und eine samtene Stimme: Cleo Panther fragen sich bei „Strangers“ über Streicher und Triangel-Klingeln, ob man sich nach einer Trennung wie komplette Fremde begegnet.
- Wie klingt es wohl, wenn man mit Gummibeinen unterwegs ist? Produzent B.Visible hat mit „Rubber Legs“ einen auditiven Versuch unternommen, einen geschmeidigen Gang zu vertonen. Warum die Polizei hier auch was zu sagen hat?
- Letzten Donnerstag hat Susi Ondrusova in der FM4 Soundpark Sendung Kevin Cool im Studio besucht, Zita Bereuter Robert Stadlobers „Tucholsky-Vertonungen“ vorgestellt und Leyya haben uns mehr zu ihrer neuen Single verraten.