Vendée-Globe-Sieg: Segler Charlie Charlie Dalin mit Revanche in ...

Sein Sieg hätte eindrucksvoller kaum sein können. Die Morgensonne glüht rot-orange am Horizont, als der französische Skipper Charlie Dalin die Ziellinie überquert. Gefolgt von Dutzenden Begleitbooten, die ihm den Weg in den Hafen von Les Sables-d’Olonne bereiten. Dalin, der am Dienstagmorgen um 8.24 Uhr die härteste Segelregatta der Welt gewonnen hat, reckt seine Fäuste in die Luft, dann lässt er sich an Bord seiner MACIF Santé Prévoyance auf den Rücken fallen, bedeckt das Gesicht mit beiden Händen.

Die Emotionen brechen aus ihm heraus, man kann sich kaum vorstellen, wie viel Anspannung von dem Skipper abfallen muss, nach 64 Tagen, 19 Stunden, 22 Minuten und 49 Sekunden allein auf See. Mit dieser Zeit hat Dalin nicht nur als Erster den Start- und Zielort an der französischen Atlantikküste erreicht, er schlägt damit auch den von Armel Le Cléac’h aus dem Jahr 2016 aufgestellten Rekord um 9 Tage, 8 Stunden, 12 Minuten und 57 Sekunden.

Endlich dürfen auch seine Partnerin und sein Sohn an Bord kommen, er begrüßt sie innig, mit Umarmungen und vielen Küssen. „Ich habe noch nie solche Emotionen erlebt, noch nie in meinem ganzen Leben. In diesem Licht, vor der aufgehenden Sonne anzukommen – es ist die schönste Ziellinie meiner Karriere“, sagt Dalin in seinem ersten Interview nach dem Sieg. „Ich bin sehr glücklich. Es ist einfach einzigartig, die Vendée Globe zu gewinnen. Zurückzukommen nach Les Sables-d’Olonne und dann noch mit einem Rekord!“.

Dann folgt eine Lobeshymne auf sein Boot und sein Team: Vier Jahre hätten sie gemeinsam hart daran gearbeitet, so eine perfekte Yacht zu entwickeln.

Vier Jahre nachdem Dalin schon einmal als Erster die Ziellinie in Les Sables-d’Olonne überquert hatte, am 27. Januar 2021. Durch einen Zeitausgleich infolge einer Rettungsaktion gewann jedoch schließlich der Franzose Yannick Bestaven die vergangene Ausgabe der Vendée Globe. Bestaven, Jean Le Cam und der deutsche Segler Boris Herrmann waren damals ihrem Konkurrenten Kevin Escoffier zur Hilfe geeilt, der mitten im Südpolarmeer Schiffbruch erlitten hatte.

Nach einer dramatischen Suche gelang es Le Cam schließlich, Escoffier aus dem Wasser zu fischen, doch auch Herrmann und Bestaven hatten zuvor ihren Kurs geändert, um zu helfen. Bestaven bekam dafür mehr als zehn Stunden gutgeschrieben (Le Cam etwa 16 Stunden, Herrmann sechs Stunden) und sicherte sich so den ersten Platz.

Dalin verfehlte damals seinen Sieg um zweieinhalb Stunden und wurde Zweiter. Immer wieder soll er das Szenario in seinem Kopf durchgespielt haben, heißt es auf der Website der Vendée Globe: „Ich wachte nachts auf und suchte nach den Minuten, die ich verloren hatte“, so Dalin.

Danach jedoch folgte ein Sieg nach dem anderen: 2022 gewann Dalin die Vendée Arctique, 2023 das Rolex Fastnet Race, und 2024 siegte er in der Vorbereitung auf die Weltumseglung sowohl bei der New York Vendée als auch beim Défi Azimut.

Die Leidenschaft für das Segeln begleitet ihn seit seiner Kindheit, schon früh soll Dalin die Wände seines Zimmers mit Bildern seiner Lieblingsskipper tapeziert haben. Einer Seglerfamilie entstammt der in Le Havre geborene Franzose jedoch nicht. Seine Mutter arbeitete als Verkäuferin, sein Vater war Tourmanager für Rockmusikgruppen.

Als er einen Sommer bei seinen Großeltern in Crozon, im Nordwesten der Bretagne, verbrachte, schlug der Funke über: Dalin absolvierte dort seinen ersten Segelkurs. „Es hat mir sofort gefallen“, erinnert er sich. „Als ich nach Le Havre zurückkehrte, machte ich weiter und trat einem Verein bei, in dem ich immer noch bin.“ Seitdem hat der Sport ihn nie wieder losgelassen, sogar am Esstisch soll Dalin das Besteck in Richtung des Windes ausgerichtet haben, sagte seine Mutter.

Nun, viele Jahre später, geht Dalin mit dem lang erträumten Sieg aus dem Rennen um die Welt. Wochenlang haben sich Dalin und sein Rivale Yoann Richomme (Paprec Arkéa) einen beeindruckenden Zweikampf geliefert – in den vergangenen Tagen konnte Dalin den Abstand weiter ausbauen. Richomme wird am Dienstagabend im Ziel erwartet.

Auch die anderen Konkurrenten zollen Dalin größte Anerkennung: „Herzlichen Glückwunsch an Charlie, der so eine beeindruckende Arbeit bei dieser Vendée Globe geleistet hat, mit hohen Risiken an seine Grenzen gegangen ist und dabei keine Fehler gemacht hat“, schrieb Boris Herrmann, der in der Zwischenzeit den Äquator passierte und voraussichtlich im Laufe der kommenden Woche das Ziel erreichen wird. „Warte auf uns zum Feiern in Les Sables- d’Olonne. Wir kommen!“

Die Vendée Globe gilt als die härteste Regatta für Einhandsegler. Sie begann am 10. November an der französischen Atlantikküste und führt entlang des Südpolarmeeres einmal um den Globus.