Abhängigkeit von Rohstoffen so groß wie nie
Lithium ist wichtiger Rohstoff für die E-Mobilität. Doch ein Großteil davon kommt aus China, was die deutsche Industrie beunruhigt. Auch bei anderen Rohstoffen ist die Abhängigkeit groß.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sieht Deutschlands Abhängigkeit von Rohstoffen aus dem Ausland so groß wie noch nie – und warnt vor Milliardenverlusten. So drohe der deutschen Wirtschaft etwa bei einem Stopp chinesischer Lithiumexporte ein Wertschöpfungsverlust von bis zu 115 Milliarden Euro – 15 % der industriellen Wertschöpfung.
Das ergab eine Studie des BDI und der Unternehmensberatung Roland Berger. Besonders betroffen sei demnach die Autoindustrie, die Lithium etwa für E-Autos benötigt. "Die Politik muss alles tun, um ein solches Worst-Case-Szenario zu verhindern", sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Die internationale Energieagentur IEA prognostiziert bis 2040 einen Anstieg des globalen Lithiumbedarfs um das 42-fache gegenüber 2020. Ähnliches gilt für Grafit (25x), Kobalt (21x), Nickel (19x) und Mangan (8x).
"Die teilweise problematisch hohe Abhängigkeit der deutschen Industrie von Rohstoffimporten aus einzelnen Ländern ist hinlänglich bekannt", sagt Russwurm. "Trotz aller Bemühungen, sie zu reduzieren, hat sie in den vergangenen Jahren sogar noch zugenommen, wie unsere Studie zeigt."
Abhängigkeit bei Vielzahl von Rohstoffen
Nicht nur bei Lithium ist Deutschland der Studie zufolge stark auf das Ausland angewiesen. Die Autoren haben für 48 kritische Rohstoffe die Importkonzentration berechnet, ein Maß für die Abhängigkeit von einzelnen Lieferländern: Im Jahr 2023 sei diese demnach bei 23 Rohstoffen hoch bis sehr hoch gewesen und sei bei zehn dieser Rohstoffe sogar gestiegen. So habe Deutschland 2014 noch 32 % seiner Importe von Seltenen Erden aus China bezogen, 2023 seien es bereits 69 gewesen. Bei Germanium sei der chinesische Anteil von 23 auf 40 % gestiegen, bei Bismut sogar von 24 auf 95 %.
Betrachte man nicht nur die Rohstoffe selbst, so die Studie, sondern auch daraus hergestellte Produkte, verschärfe sich das Bild nochmals. Beispiel Lithium: Zwar sei die Importkonzentration bei Lithiumkarbonat gesunken, doch bei weiterverarbeiteten Lithiumprodukten wie Akkus und Batterien steige sie schnell und stark an. So habe Deutschland 2014 noch 18 % seiner Lithium-Akkus aus China importiert, heute seien es bereits 50 %.
Sollte es – etwa durch Handelskonflikte – zu einem Totalausfall von China als Lieferant kommen, wären insgesamt gut 80 % des deutschen Imports von Lithium und Lithium-Produkten betroffen. Allein im Automobilsektor seien der Studie zufolge 34 % der Wertschöpfung oder 52 Milliarden Euro auf lithiumhaltige Produkte angewiesen; somit wären hier 42 Milliarden Euro Wertschöpfung in Gefahr.
Maßnahmen für mehr Resilienz der Rohstoffversorgung
Die Autoren fordern in der Studie, Abhängigkeiten zu reduzieren, indem Rohstoffe aus mehr Lieferländern bezogen werden. Außerdem müsse die heimische Rohstoffförderung und -verarbeitung gestärkt werden. Für einige Rohstoffe könnten ferner Recyclingtechnologien entwickelt werden, um eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren.
Einen Ausblick auf die Perspektiven einer möglichen heimischen Rohstoffgewinnung, gibt eine Kurzstudie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), die die Gewinnung und Erkundung kritischer mineralischer Rohstoffe in Deutschland analysiert hat. Das Ergebnis: Deutschland gewinne bei den von der EU als kritisch eingestuften Rohstoffen aktuell nur die Industrieminerale Fluss- und Schwerspat, Feldspat, Graphit sowie grobkörnigen Quarz beziehungsweise Quarzkies als mögliche Vorprodukte für die Herstellung von Silizium. Explorationsvorhaben gebe es derzeit in erster Linie bei den Metallen Lithium und Kupfer.
Bei Lithium werde von einem Potenzial von rund 3,8 Millionen t Li-Inhalt ausgegangen, womit Deutschland im weltweiten Vergleich über die derzeit siebtgrößten Ressourcen verfüge. Die im sächsischen Erzgebirge und der Tschechischen Republik gelegene Festgesteinslagerstätte "Zinnwald/Cínovec" gelte als eines der größten Lithium-Vorkommen in Europa, so die BGR. Zudem könnte ein Teil des heimischen Lithiumbedarfs zukünftig möglicherweise aus heißen Tiefenwässern in Geothermiekraftwerken gewonnen werden. So werde in Deutschland gegenwärtig an rund 50 Orten auf Lithium als Beiprodukt der geothermischen Energiegewinnung exploriert.
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