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Temenos: Bericht entlastet IT-Firma nach Hindenburg-Vorwürfen

Temenos Bericht entlastet ITFirma nach HindenburgVorwürfen
Der Leerverkäufer Hindenburg Research beschuldigte Temenos, Verträge rückzudatieren und Umsätze zu schönen. Externe Prüfer sagen nun: An den Vorwürfen ist praktisch nichts dran. Die Börse reagiert erleichtert. Die Sache könnte dennoch ein Nachspi

Der Leerverkäufer Hindenburg Research beschuldigte Temenos, Verträge rückzudatieren und Umsätze zu schönen. Externe Prüfer sagen nun: An den Vorwürfen ist praktisch nichts dran. Die Börse reagiert erleichtert. Die Sache könnte dennoch ein Nachspiel haben.

Das Genfer IT-Unternehmen Temenos musste sich gegen schwere Vorwürfe eines Leerverkäufers wehren.

Das Genfer IT-Unternehmen Temenos musste sich gegen schwere Vorwürfe eines Leerverkäufers wehren.

Martial Trezzini / Keystone

Die Luft ist aus dem Luftschiff raus: Der amerikanische Leerverkäufer Hindenburg Research, benannt nach dem 1937 verunglückten Zeppelin, hatte im Februar eine ganze Reihe gravierender Vorwürfe gegen die Schweizer IT-Firma Temenos erhoben. Am schwersten wog die Kritik, der Hersteller von Bankensoftware habe mit unlauteren Tricks und erfundenen Partnerschaften die eigenen Zahlen aufgeblasen. Der Aktienkurs des Unternehmens brach damals um über einen Drittel ein und erholte sich auch in den Folgemonaten nicht.

Vorwürfe von Hindenburg fallen in sich zusammen

Ein Expertenbericht, den Temenos in Auftrag gegeben hatte, ist nun aber zum Schluss gekommen, dass an den Vorwürfen praktisch nichts dran ist. Hindenburg habe eine Reihe von unzutreffenden und irreführenden Anschuldigungen gegen Temenos vorgebracht, heisst es darin. Die Anleger atmen auf: Die Temenos-Titel gewannen am Montagmorgen rasch 20 Prozent an Wert.

Aktienkurs von Temenos in Franken

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Hindenburg macht schwere Vorwürfe gegen Temenos publik

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Untersuchungsbericht entkräftet Vorwürfe

Rund die Hälfte des Kurseinbruchs, den die Hindenburg-Anschuldigungen im Februar verursacht hatten, ist damit wieder aufgeholt. Mehrere Marktanalysten – die sich tendenziell schon im Februar skeptisch zeigten gegenüber Hindenburg – sehen in der Publikation des Untersuchungsberichts ein positives Zeichen.

Drei unabhängige Beratungsunternehmen haben die Vorwürfe untersucht – die zwei Rechtskanzleien Schellenberg Wittmer und Sullivan & Cromwell sowie allen voran Alvarez & Marsal, ein Spezialist für forensische Buchhaltung. Sie betonen in ihrem Bericht, dass Temenos bei der Untersuchung vollumfänglich kooperiert und all ihre Anfragen erfüllt habe. Die Prüfer analysierten nach eigenen Angaben über 300 000 Dokumente und interviewten 17 frühere und heutige Temenos-Mitarbeiter. Sie werteten E-Mails, Chat-Nachrichten und Telefondaten aus.

Sie weisen die wichtigsten Vorwürfe des Leerverkäufers deutlich zurück. Hindenburg hatte Temenos vorgeworfen, regelmässig Verträge zurückdatiert zu haben, um die Verkaufszahlen zu frisieren. Zu diesem Zwecke habe es auch «round-tripping» betrieben, sei also fingierte Partnerschaften eingegangen mit dem Ziel, überhöhte Umsätze und viel Geschäftsaktivität auszuweisen.

Die Prüfer haben keinerlei Hinweise für solches «round-tripping» gefunden. Sie machten vier Fälle aus, in denen Verträge einige Tage nach Quartalsende abgeschlossen und dennoch dem verstrichenen Quartal angerechnet wurden. Dabei handelte es sich aber um Einzelfälle. Sie haben die Geschäftszahlen von Temenos nicht beeinflusst.

Viele Probleme schon adressiert

Bereits im Februar hatten mehrere mit Temenos vertraute Personen darauf hingewiesen, dass ein Grossteil der von Hindenburg vorgebrachten Kritik gar nicht neu sei und bereits 2022 unter anderem von aktivistischen Investoren angeprangert worden sei. Dazu gehörte eine sehr hohe Mitarbeiterfluktuation in den USA oder eine zu optimistische und verwirrliche Budgetierung.

Auch die durchaus sinnvolle Umstellung des Verkaufsmodells bei Temenos – weg vom einmaligen Verkauf von Softwarelizenzen hin unter anderem zu einem Abo-Modell – hat es Aussenstehenden in den vergangenen Jahren immer wieder erschwert, die Temenos-Zahlen richtig zu interpretieren.

All diese Probleme hat Temenos aber schon Anfang 2023 adressiert; unter anderem musste der damalige CEO das Unternehmen verlassen. Der Aktienkurs des IT-Anbieters zog 2023 denn auch deutlich an.

Dennoch herrschte im Markt im Februar 2024 noch eine gewisse Unsicherheit in Bezug auf Temenos – der IT-Anbieter war insofern eine leichte Beute für einen Leerverkäufer wie Hindenburg Research.

Solche Spekulanten operieren nach dem immergleichen Muster: Sie platzieren Wetten auf fallende Kurse bei ihren Zielunternehmen, bevor sie diesen öffentlich grobe Verfehlungen vorhalten. Manchmal treffen sie dabei einen wunden Punkt, manchmal lösen sich die Vorwürfe in Luft auf. In vielen Fällen haben die Leerverkäufer ihr Ziel dann aber schon erreicht – sie haben den Aktienkurs zum Einsturz gebracht und viel Geld verdient.

Es geht ums Vertrauen

Im Umfeld von Temenos macht sich Entspannung breit, das Vertrauen der Anleger scheint zumindest teilweise wiederhergestellt. Der ZKB-Analyst Christian Bader weist darauf hin, dass der ebenfalls am Montag veröffentlichte Geschäftsbericht 2023 keine Änderungen gegenüber den im Februar publizierten vorläufigen Ergebnissen aufweist.

Um das Vertrauen der Anleger und der Kundschaft vollständig zurückzuerlangen, wird Temenos noch weitere Tests bestehen müssen. In der kommenden Woche werden, erstens, die Zahlen des ersten Quartals präsentiert. Dann wird man sehen, ob die Anschuldigungen von Hindenburg auch die Temenos-Kunden verunsichert und ob sie sich auf die Verkaufszahlen ausgewirkt haben. Erfüllt das Unternehmen indes die Erwartungen, trägt dies zur weiteren Beruhigung der Lage bei.

Zweitens muss Temenos baldmöglichst seinen neuen CEO vorstellen. Nach der letzten Runde an Kritik Anfang 2023 kündigte auch der langjährige Präsident und starke Mann beim Bankensoftwarehersteller, Andreas Andreades, an, sich vollständig aus Temenos zurückzuziehen. Allerdings ist er weiterhin Interims-CEO.

Die Suche nach einem neuen Chef ist harzig verlaufen und dauert bereits deutlich länger als erwartet. Der Temenos-Verwaltungsratspräsident Thibault de Tersant sagt, er hoffe weiterhin, an der Generalversammlung am 7. Mai den neuen CEO vorstellen zu können.

Rechtsstreit droht

Ob die Sache ein Nachspiel hat für Hindenburg, ist noch offen. Der Vorwurf steht nun zumindest im Raum, dass der Leerverkäufer falsche Gerüchte streute, um sich zu bereichern. Gemäss de Tersant hat das Unternehmen noch nicht entschieden, ob es rechtliche Schritte gegen Hindenburg einleitet.

Er gibt aber zu bedenken, dass es selbst unrechtmässig angegriffenen Unternehmen oft schwergefallen ist, gegen Leerverkäufer vorzugehen, weil diese in den Vereinigten Staaten einen starken Schutz durch die Verfassung geniessen, die das Recht auf freie Rede sehr hoch gewichtet.

Manche Temenos-Aktionäre zeigen sich angriffiger. So haben die Investoren Petrus Advisers und Helvetic Trust die Temenos-Führung am Montagnachmittag in deutlichen Worten dazu ermuntert, Hindenburg einzuklagen. Sie selbst haben bereits die Staatsanwaltschaft und die Finma aufgefordert, ein Verfahren gegen den Leerverkäufer aufzunehmen.

Petrus Advisers und Helvetic Trust sehen sich durch den Untersuchungsbericht bestätigt darin, dass Hindenburg mutwillig Fakten verdreht und einen beträchtlichen Schaden verursacht habe. Allein die unabhängige Untersuchung habe wohl mehr als 5 Millionen Franken gekostet.

Die Investoren setzen darauf, dass die Regeln in der Schweiz, was mögliche Marktmanipulation mit Gewinnabsicht anbelangt, restriktiver sind als in den USA. Hindenburg Research selbst hat am Montag auf eine Anfrage der NZZ noch nicht reagiert.

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