Studierende erhalten ab Herbst mehr Studienbeihilfe - Bildung - derStandard.at › Inland
Neben einer Erhöhung um 8,5 bis 12 Prozent soll die Altersgrenze für die Studienbeihilfe angehoben und von der Familienbeihilfe entkoppelt werden. Die ÖH bezeichnet die Reformen als "zu wenig"
26. April 2022, 15:48
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Ab Herbst 2022 sollen bedürftige Studierende mehr Geld erhalten: Um 8,5 bis zwölf Prozent wird die Studienbeihilfe ab September erhöht, kündigte Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) bei einer Pressekonferenz am Dienstag an. Dabei soll die Altersgrenze für den Bezug um drei Jahre auf 33 bzw. 38 Jahre erhöht und die Berechnungsweise reformiert werden. Außerdem steht eine Erhöhung der Einkommensgrenzen für den Bezug und die Entkoppelung der Studienbeihilfe von der Familienbeihilfe an. Zwar seien die Maßnahmen ein Schritt in die richtige Richtung – um der Studierendenarmut entgegenzuwirken, sei es aber zu wenig, hieß es vonseiten der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH).
Mehr ZuverdienstDie Höchstbeihilfe liegt künftig bei 923 Euro pro Monat und damit etwas niedriger als die Mindestsicherung (978 Euro). Studierende dürfen aber vergleichsweise mehr dazuverdienen, ohne eine Kürzung der Förderung zu riskieren – in Summe 15.000 Euro pro Jahr.
Allerdings deckt die Erhöhung die seit der letzten Erhöhung im September 2017 entstandene Teuerung nicht ganz ab. Die Inflation stieg seit damals um rund 13 Prozent und wird bis September noch weiter anwachsen.
Grundbetrag plus ZuschlägeEinfacher will man künftig die Berechnung der Beihilfe gestalten: Bisher wurde dafür von einer fiktiven Höchstbeihilfe ausgegangen, von der je nach Vorliegen bestimmter Umstände Geld abgezogen wurde. Künftig wird von einem Grundbetrag von 335 Euro ausgegangen, zu dem bestimmte Zuschläge dazugerechnet werden.
Die jeweiligen Kriterien ändern sich nicht. Zu diesen zählen etwa ein eigener Wohnsitz, ein höherer Beitrag für Studierende ab 24 bzw. 27 oder der Zuschlag für Kinder. Unverändert bleiben auch die Anspruchsvoraussetzungen wie soziale Förderungswürdigkeit – abgesehen von der höheren Einkommensgrenze –, Studienerfolg (Erbringung einer bestimmten Studienleistung, maximal zwei Studienwechsel) und maximale Studiendauer (Regelstudienzeit plus ein Semester).
46.400 BeihilfebezieherZuletzt war die Höchststudienbeihilfe 2017 nach zehn Jahren Pause um 18 Prozent erhöht worden. Derzeit beträgt die durchschnittliche Studienförderung 510 Euro im Monat, insgesamt beziehen etwa 46.400 Studierende eine Beihilfe. 2021 wurden für die Studienförderung 281 Millionen Euro aufgewendet, für heuer steigt dieser Betrag durch die Reform um 22, für 2023 um 68 Millionen Euro.
Grünen-Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger bezeichnete die Reform als größte Maßnahme im Bereich der Studienförderung der vergangenen 30 Jahre. Besonders wichtig seien für sie die Maßnahmen für die Selbsterhalterinnen und Selbsterhalter (Personen, die sich vor Studienbeginn schon längere Zeit durch eigene Berufstätigkeit "selbst erhalten" haben). In der Pandemie habe man viele Anfragen von Personen bekommen, die gerne noch einmal ein Studium beginnen wollten, weil sie ihren Job verloren haben oder sich neu orientieren wollten. Diese würden vor allem in Bereiche wie Pflege oder IT streben, die am Arbeitsmarkt gebraucht werden.
ÖH: "Zum Leben reicht es nicht aus"Am stärksten von der Erhöhung profitieren Studierende unter 24 Jahren (plus zwölf Prozent). Studierende über 24 Jahre bzw. Selbsterhalter unter 27 Jahren kommen auf ein Plus von 8,5 Prozent.
Für die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) sind die Maßnahmen ein "Schritt in die richtige Richtung" – für die Bekämpfung von Studierendenarmut sei dies aber zu wenig. "Ja, die Höhe der Beihilfe ist angehoben worden", so ÖH-Vorsitzende Keya Baier. "Aber zum Leben reicht es einfach trotzdem bei weitem nicht aus. Zusätzlich wurde auf unsere Forderung, eine automatische Valorisierung in dem Gesetz zu verankern, nicht eingegangen."
Für SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl ist die Erhöhung nur ein "Tropfen auf dem heißen Stein". Damit werde weder die aktuelle Teuerung abgegolten noch die künftige. Ihr Neos-Pendant Martina Künsberg Sarre begrüßte zwar die Novellierung der Studienförderung, "warum ein so wichtiger und umfassender Gesetzesentwurf de facto ohne Begutachtungszeit durchgepeitscht wird, ist aber nicht nachvollziehbar". Die Änderungen müsse man sich noch im Detail ansehen. Wichtig sei, dass die Maßnahmen nachvollziehbar, treffsicher und ausreichend seien.(APA, etom, 26.4.2022)
Hinweis: Artikel wurde mit Statements der Parteien um 15:48 Uhr ergänzt.