Österreich verliert 1:2 in Wales und verpasst die Fußball-WM

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Das Unheil begann mit einem perfekt getretenen Freistoß von Gareth Bale.

Des Unheils zweiter Teil.

Franco Foda dürfte am Dienstag sein letztes Spiel als ÖFB-Trainer erleben.
Cardiff – Österreichs Fußballteam boykottiert die absurde WM in Katar. Nicht aus moralischen, sondern aus sportlichen Gründen. Denn am Donnerstagabend setzte es im Playoff-Halbfinale in Cardiff gegen Wales eine rechtschaffene 1:2-Niederlage. Die Tage von Teamchef Franco Foda sind gezählt, eigentlich sind sie praktisch vorbei. Weitere Folgen sind nicht auszuschließen.
Foda hatte eine "klare Idee", eine unklare wäre auch aberwitzig gewesen. Um die Gedanken in die Tat umzusetzen, bedurfte es elf hoch motivierter Fußballer. Die Tormannfrage wurde rechtzeitig geklärt, Foda entschied sich dann doch für Heinz Lindner, der in Basel ein Stammleiberl hat. Und somit gegen Daniel Bachmann, der in Watford seit mehr als zwei Monaten die Ersatzbank drückt. Praxis ist niemals zu unterschätzen und kein Nachteil.
Die Viererkette in der Abwehr war aufgelegt, Kapitän David Alaba links, Martin Hinteregger und Aleksander Dragovic zentral, Stefan Lainer rechts. Im defensiven Mittelfeld sollten Xaver Schlager und Nicolas Seiwald aufräumen, vorne Christoph Baumgartner, Marcel Sabitzer und Konrad Laimer für klare Ideen sorgen, im Idealfall Solospitze Marko Arnautovic mit Bällen füttern. Es war also ein 4-2-3-1-System.
Seiwald statt GrillitschDie Aufstellung ähnelte sehr jener vom 1:2 gegen Italien im Londoner EM-Achtelfinale, nur Bachmann fehlte und Seiwald ersetzte in Cardiff den corona-erkrankten Florian Grillitsch. Rob Page, der walisische Foda, setzte auf ein kompaktes 5-4-1, Superstar Gareth Bale war der Arnautovic. Sollte Statistik sprechen können, dann sagt sie, dass Wales seit 16 Heimspielen ungeschlagen ist.
Und dass Österreich in der Ära Foda noch nie gegen ein höher klassiertes Team eine Pflichtpartie gewinnen konnte, fünf Niederlagen (zweimal Dänemark, Polen, Niederlande, Italien), ein Remis (0:0 in Polen). Und Wales ist die Nummer 20, hat zehn Plätze Vorsprung.
Volles StadionEs war eine wunderbare Atmosphäre im bummvollen Cardiff City Stadium (32.350 Zuschauer), "Peace" stand auf den Anzeigetafeln, unmittelbar vor Anpfiff machten beide Teams den Kniefall. Und es ging ohne Abtasten los, bereits in der zweiten Minute hatte Daniel James eine Halbchance. 5. Minute: Zuckerpass von Sabitzer in die Tiefe. Und was macht Christoph Baumgartner? Er trifft aus rund 14 Metern elegant die Latte, sein Schuss wird in letzter Sekunde abgefälscht.
Es ging also hin und her, Österreichs Auswahl versuchte, zu kombinieren, bisweilen klappte es. Bale ließ sich mitunter zurückfallen, schickte James nach vorne. 25. Minute: Baumgartner foult Harry Wilson in Strafraumnähe, sieht die Gelbe Karte. Und es folgt Bales grandioser Auftritt. Er nimmt den Ball, streichelt ihn, legt ihn auf den Rasen, läuft an und trifft fulminant in die Kreuzecke. Prädikat unhaltbar. Just jener Bale, von dem sie bei Real Madrid behaupten, ihn interessiere Golf mehr als Fußball. Völlige Fehleinschätzung. In Wales ist der 32-Jährige ein Held, es war sein 37. Tor bei nun 101 Einsätzen.
Das ÖFB-Team reagierte schon, es gelang ihm aber kaum, Gefahr zu erzeugen. Die Gastgeber hatten bei ihren Angriffen mehr Wucht. 40. Minute: Haarsträubender Ballverlust von Seiwald, Aaron Ramsey schießt scharf und platziert, Lindner pariert großartig. Die walisische Halbzeitführung war jedenfalls verdient.
Bale legt nachUnd es wurde nach der Pause schlimmer. Schuld daran war Bale. 51: Minute: Eine Drehung und schon steht es 2:0. Prädikat sehenswert. Foda tauscht in höchster Not Sasa Kalajdzic ein und Laimer aus (55.). Alaba zeigt, dass Bale weitaus bessere Freistöße schießt, er setzt seinen mitten in die Mauer (59.). Der Zufall wollte es, dass Österreich zurückkam. 65. Minute: Sabitzers Schuss wird von Ben Davies abgefälscht, 1:2. Die Waliser vernebeln Konterchancen durch James, Lindner und Seiwald sei Dank.
Valentino Lazaro und Andreas Weimann rein, Baumgartner und Schlager raus (77.). Österreich übte schon Druck aus, hoffte auf den Lucky Punch, vergeblich. Wales jubelte, Wales war besser, Bale tröstete Alaba.
Am 29. März wird in Wien gegen Schottland getestet. Nicht für Katar. Man wartet nun seit 24 Jahren auf eine WM-Teilnahme. "Es war möglich", sagte Kapitän David Alaba. "Mir fehlen jetzt etwas die Worte." Coach Foda war restlos bedient: "Wir haben gut angefangen, aber dann haben wir zu langsam gespielt. In der zweiten Halbzeit waren wir besser." Dass er gegen Schottland an der Linie steht, bestätigte ÖFB-Präsident Gerhard Milletich nach dem Match. (Christian Hackl aus Cardiff, 24.3.2022)
Ergebnis Fußball-WM-Qualifikation, Europa-Play-off, Pfad A, Halbfinale:
Wales – Österreich 2:1 (1:0)
Cardiff City Stadium, 32.053 Zuschauer (ausverkauft), SR Marciniak (POL)
Tore:1:0 (25.) Bale (Freistoß)2:0 (51.) Bale2:1 (65.) Sabitzer
Wales: Hennessey – Ampadu, Rodon, B. Davies – Allen – C. Roberts, Ramsey, Wilson, N. Williams – Bale (93. Mepham), James (88. Johnson)
Österreich: Lindner – Lainer (88. Gregoritsch), Dragovic, Hinteregger, Alaba – X. Schlager (77. Lazaro), N. Seiwald – Laimer (55. Kalajdzic), Sabitzer, Baumgartner (77. Weimann) – Arnautovic
Gelbe Karten: Wilson bzw. Baumgartner, Lainer
Stimmen:
Christoph Baumgartner: "Pure Enttäuschung. Es ist extrem bitter, dass wir jetzt die Gewissheit haben, dass wir nicht dabei sind. Es tut einfach unglaublich weh, es fällt mir ganz schwer, Worte zu finden." Zu seiner Großchance: "Wenn ich den reinschieße, dann rennt das Spiel vielleicht ganz anders. Natürlich muss das ein Tor sein. Es tut mir unglaublich leid, für die ganze Mannschaft, für ganz Österreich. Es ist gerade sehr, sehr schwer."
David Alaba: "Worte zu finden, ist in dem Moment nicht so einfach. Wir haben uns natürlich mehr vorgenommen. Wir haben unser Ziel nicht erreicht, das tut natürlich sehr weh. Ich glaube, dass wir es vielleicht irgendwann verdient hätten. Gareth Bale hat den Unterschied ausgemacht, das kann man auf jeden Fall so sagen. Er hat gezeigt, welche Klasse er hat. Wir waren vor dem 1:0 ganz gut im Spiel, hatten immer wieder Chancen, auch auf das 2:2. Die Möglichkeit war trotzdem da heute. Wir wissen, dass wir keine gute Quali gespielt haben, wir hatten trotzdem noch alles in der eigenen Hand, mit dem Sieg einen Schritt näher zu kommen. Das ist sehr schade."
Franco Foda (ÖFB-Teamchef): "Wir sind alle sehr enttäuscht, wir haben uns sehr, sehr viel vorgenommen, wollten unbedingt zur WM. Ich hatte ein gutes Gefühl, die Mannschaft war im Training sehr fokussiert. Wir haben gut angefangen, uns aus den Gegenpressingsituationen gut gelöst. Wenn du 1:0 in Führung gehst, wäre das gut gewesen. Wir haben uns dann das Leben aber auch selbst schwer gemacht. Wir waren zu langsam im Spielaufbau, haben nicht zwischen die Linien gespielt. Erst am Ende der Halbzeit war das besser. Im Spielaufbau haben wir zu viele einfache Ballverluste gehabt. In der zweiten Hälfte war es besser, weil wir schnell die Stürmer angespielt haben. Am Schluss haben wir noch Risiko genommen, aber Wales hat es mit Bravour verteidigt." Zur Frage, ob er am Dienstag auf der Bank sitzt: "Ich gehe davon aus, mein Vertrag läuft bis 31. März."
Heinz Lindner (ÖFB-Tormann): "Natürlich bin ich froh, dass mein Comeback in der Art geglückt ist, aber das ist heute absolut zweitrangig. Der Druck in der zweiten Hälfte ist leider zu spät gekommen. Bales ist Weltklasse, ich hab mein Bestes versucht, aber es hat nicht sollen sein. Bitter, dass die individuelle Qualität eines Spielers so ein Spiel entscheidet. Wir haben alle bis zum Schluss dran geglaubt. Wir hätten vielleicht ein bisschen früher den Druck machen sollen."
Gerhard Milletich (ÖFB-Präsident): "Selbstverständlich sitzt Franco Foda am Dienstag auf der Bank. (...) Wir müssen eine Lösung finden, die kann mit Foda sein, die kann ohne Foda sein. Ich möchte niemanden ausschließen. Im Laufe des April eine Lösung finden, die uns weiterbringt. Der Sportdirektor wird schon einige Gespräche geführt haben."
Gareth Bale (Wales-Doppeltorschütze): "Es war ein großes Spiel. Wir wussten, wie wichtig dieses Spiel war und dass wir Leistung zeigen müssen. Wir mussten uns auch auf unsere Erfahrung in großen Spielen verlassen. Es war schön, als der Freistoß reinging, ein frühes Tor zu erzielen hat uns das Momentum gegeben. Ich hatte am Ende einen leichten Krampf, aber ich werde für dieses Land bis zur völligen Erschöpfung laufen. Es ist erst die halbe Arbeit vollbracht, auf uns wartet noch ein schweres Spiel gegen Schottland oder die Ukraine. Aber wir werden bereit sein."
Peter Schöttel (ÖFB-Sportdirektor): "Aktuell haben wir den Teamchef Franco Foda. Wir müssen die Niederlage einmal verdauen. Da ist für einige ein Riesentraum geplatzt. Wir waren wirklich optimistisch. Natürlich wird man in den nächsten Tagen Gespräche mit allen Beteiligten führen, alles hinterfragen. Unterm Strich bleibt leider, dass wir es nicht geschafft haben."