Putin kämpft gegen Inflation – Russlands Wirtschaft unter Druck
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Stand: 28.04.2024, 04:47 Uhr
Von: Lisa Mayerhofer
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Die Inflation ist in Wladimir Putins Russland doppelt so hoch wie angestrebt – wahrscheinlich wird es noch dauern, bis die Zentralbank die Teuerungsrate in den Griff bekommt.
Moskau – Die Entwicklungen in der russischen Wirtschaft abseits der Rüstungsindustrie dürften den russischen Präsidenten Wladimir Putin umtreiben: Die Inflation ist weiterhin viel zu hoch, der Fachkräftemangel ausufernd – der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hinterlässt Probleme in vielen Bereichen. Die russische Zentralbank hat ihren hohen Leitzins angesichts anhaltender Inflationsrisiken deshalb weiterhin nicht gesenkt.
Russland: Zentralbank geht gegen hohe Inflation vor
Der Leitzins werde bei 16 Prozent belassen, teilten die Währungshüter am Freitag in Moskau nach ihrer geldpolitischen Sitzung mit. Damit wurde er zum dritten Mal in Folge nicht angetastet. Alle 26 von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten damit gerechnet. Mit ihrer Hochzinspolitik will die Zentralbank die Inflation in den Griff bekommen.
Aktuell liegt die Teuerungsrate mit knapp acht Prozent etwa doppelt so hoch wie angestrebt. Dieses Ziel werde erst im kommenden Jahr erreicht, so die Zentralbank. „Aufgrund der weiterhin hohen Inlandsnachfrage wird die Inflation etwas langsamer zum Zielwert zurückkehren als im Februar prognostiziert“, hieß es. Die Notenbank rechnet im laufenden Jahr mit einer durchschnittlichen Teuerungsrate von bis zu 4,8 Prozent, nachdem sie bislang 4,5 Prozent prognostiziert hatte.
Höhere Löhne im Ringen um die knapp gewordenen Arbeitskräfte, die Abwertung der Landeswährung Rubel und hohe Staatsausgaben für den Krieg gegen die Ukraine haben die Verbraucherpreise nach oben getrieben. Analysten erwarten deshalb, dass der Leitzins noch bis mindestens Mitte kommenden Jahres im zweistelligen Bereich verharren dürfte. Die Notenbank rechnet im laufenden Jahr mit einem durchschnittlichen Leitzins von 15 bis 16 Prozent.
Umstellung auf Kriegswirtschaft: „Putin wird das Geld für den Krieg nicht ausgehen“
Zudem sagten die Währungshüter auch ein stärkeres Wirtschaftswachstum voraus. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte demnach zwischen 2,5 und 3,5 Prozent zulegen, nachdem bislang nur ein Plus von 1,0 bis 2,0 Prozent angenommen wurde. Russlands Wirtschaft hat sich im vergangenen Jahr erholt, doch hängt das Wachstum stark von der staatlich finanzierten Waffen- und Munitionsproduktion ab und verdeckt Probleme in anderen Bereichen. „Der Mangel an Arbeitskräften ist die größte Einschränkung für die Ausweitung der Produktion von Waren und Dienstleistungen“, betonte die Zentralbank. „Gleichzeitig nimmt die Anspannung auf dem Arbeitsmarkt weiter zu.“
Die hohe Inflation oder der Fachkräftemangel können den russischen Diktator mit Blick auf die Ukraine aber auch nicht ausbremsen. „Putin wird das Geld für den Krieg nicht ausgehen“, meinte der Russland-Experte Vasily Astrov vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW). „Für die russische Wirtschaft stellt sich eher die Frage, was nach dem Krieg kommt, da sie momentan vollkommen von ihm abhängig ist“, sagte Astrov.
Wegen des Fachkräftemangels und der staatlich gesteuerten Kriegswirtschaft seien russische Reallöhne voriges Jahr um fast acht Prozent gestiegen, während sich der private Konsum um 6,5 Prozent erhöht habe, hieß es in dem Bericht des auf das östliche Europa spezialisierten Instituts. Das Bruttoinlandsprodukt sei um 3,6 Prozent gewachsen.
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Für die Ukraine erwartet das WIIW dieses Jahr ein Wirtschaftswachstum von 3,2 Prozent, nach 5,3 Prozent im Vorjahr. Doch die fehlende Flugabwehr in der Ukraine werde immer mehr zum ökonomischen Problem, weil die Energieversorgung und wichtige Industriebetriebe immer öfter getroffen würden. „Letztlich steht und fällt alles mit ausreichender und rechtzeitiger Militär- und Finanzhilfe durch den Westen“, sagte Studienautorin Olga Pindyuk. Allein dieses Jahr klaffe in der Ukraine in diesem Bereich eine Finanzierungslücke von 40 Milliarden US-Dollar.
Mit Material von Reuters und der dpa