Neue Methode identifiziert und lokalisiert Proteine in Zellen
Kombination aus Infrarot-Spektroskopie, Atomkraftmikroskopie und maschinellem Lernen statt fluoreszierende Marker
Proteine im Gewusel einer Zelle zu identifizieren und zu lokalisieren ist nicht einfach - aber notwendig, um biologische Prozesse zu verstehen. Denn Eiweiße sind für viele Aufgaben des zellulären Lebens verantwortlich. Wiener Forscher berichten nun im Fachjournal "Analytical Chemistry" von einer Kombination von Infrarot-Spektroskopie, Atomkraftmikroskopie und maschinellem Lernen, die es ermöglicht, Proteine in einer Zelle zu bestimmen und auf Nanometer genau zu lokalisieren.
Proteine sind so vielfältig wie ihre Funktionen. Dabei steuert nicht nur ihre Menge innerhalb einer Zelle viele zelluläre Prozesse, sondern auch ihre lokale Konzentration. Um das zu beobachten, macht man sie mit Hilfe von Fluoreszenzfarbstoffen innerhalb der Zelle sichtbar und bestimmt so ihre Position. Doch solche Markierungen können Eiweiß und Zelle beeinflussen.
Die von Forschern des Instituts für Chemische Technologien und Analytik der Technischen Universität (TU) Wien entwickelte neue Methode kommt völlig ohne solche Markierungen aus. Stattdessen wird die Tatsache ausgenutzt, dass unterschiedliche Proteine unterschiedliche Wellenlängen im Infrarotbereich absorbieren. Welche Wellenlänge absorbiert wird, kann man messen und so die verschiedenen Proteine identifizieren.
Um auch noch Informationen über den Aufenthaltsort des entsprechenden Eiweißes zu bekommen, verwenden die Wissenschafter ein Atomkraftmikroskop, das die Probe mit einer sehr scharfen Spitze mit einem Durchmesser von ungefähr 20 Nanometern abtastet. Absorbiert nun ein Protein Infrarotstrahlung, führt das zu einer lokalen Erwärmung und die Probe dehnt sich dort ein wenig aus. Das lässt sich mit dem Atomkraftmikroskop messen.
"So verbinden wir die Vorteile beider Methoden und ermöglichen eine Infrarotspektroskopie mit einer Ortsauflösung von 20 Nanometern", sagte die Erstautorin der Studie, Catarina Santos, in einer Aussendung. Bei der komplexen Auswertung der Messergebnisse setzen die Forscher zudem auf Maschinenlernen und lassen anhand von Referenzmessungen einen Algorithmus entscheiden, welche Infrarotspektren einem Protein zugeordnet werden können.
Getestet haben die Forscher ihr Verfahren am Pilz Trichoderma reesei, der in der Industrie eine wichtige Rolle spielt, etwa um Cellulasen herzustellen, die unter anderem für Biosprit benötigt werden. Sie konnten mit der neuen Methode die Verteilung der Cellulasen in einer einzelnen Pilzhyphe messen, ohne dafür irgendwelche Markierungen zu benötigen - "ein Ergebnis, das bisher nicht möglich war", so Georg Ramer von der TU. Die Methode funktioniert überdies in Wasser, was es den Forschern ermöglicht, auch lebende Mikroorganismen zu untersuchen, etwa wie eine einzelne Zelle auf die Zugabe eines Nährstoffs oder eines Medikaments reagiert.
(SERVICE - Internet: https://doi.org/10.1021/acs.analchem.0c02228)