US-Milliardär Peter Thiel: Der Mann, der Trumps Truppen in Stellung bringt
Ausgerechnet ein milliardenschwerer Tech-Investor könnte sich im US-Wahlkampf als einer der mächtigsten politischen Strippenzieher entpuppen. Peter Thiel unterstützt die Republikaner mit gigantischen Summen, er ist extrem und er setzt alles daran, Donald Trump zur Wiederwahl zu verhelfen.
Seit der Demokrat Joe Biden US-Präsident ist, ist es still geworden um Peter Thiel. Unter der Trump-Administration hatte der milliardenschwere Ausnahmeunternehmer als Politikberater der Republikaner noch regelmäßig mit extremen politischen Ansichten von sich reden gemacht. Rechtzeitig vor den US-Zwischenwahlen im Herbst scheint sich der in Deutschland geborene und in den USA aufgewachsene Investor und Gründer jetzt allerdings zurückmelden zu wollen: Nach fast 20 Jahren im Verwaltungsrat des Facebook-Konzerns Meta wird er nach der Hauptversammlung im Mai ausscheiden, teilte das Unternehmen diese Woche mit. Welche Pläne Thiel verfolgt, wurde nicht verraten. US-Medien spekulieren, dass er sich künftig wohl wieder stärker der Politik zuwenden werde.
Die Partei wird ihn mit offenen Armen empfangen. Thiel hat bereits viel Geld und Einfluss für die Belange der Republikaner investiert. Donald Trump läuft sich für eine mögliche Wiederwahl warm, und die Kluft zwischen Thiel und Facebook war zuletzt sowieso immer größer geworden. Er wolle nicht, dass seine politischen Aktivitäten eine "Ablenkung" für Facebook darstellten, schreibt das US-Finanzportal Bloomberg unter Berufung auf eine ihm nahestehende Person. "Er ist der Meinung, dass die Republikanische Partei die Trump-Agenda vorantreiben kann, und er will tun, was er kann, um dies zu unterstützen."
Paypal, Facebook, PalantirThiel ist in der Wirtschaft gut verdrahtet. Der heute 54-Jährige hat mehr als einmal einen guten Riecher bewiesen und lukrative Trends erkannt. Sein Werdegang ist gepflastert mit Namen der US-Techriesen und ihrer Macher. Weithin bekannt ist, dass Thiel einer der ersten Investoren des Online-Netzwerks Facebook war, wo er seit 2005 durchgängig im Verwaltungsrat sitzt. Mit Mark Zuckerberg verband ihn eine jahrelange Freundschaft.
Das Geld für sein Facebook-Investment verdiente Thiel an der Seite von Elon Musk mit Paypal - neben Zuckerberg ein weiterer großer Name, der seine Karriere kontinuierlich begleitet. Ein paar hunderttausend Dollar, so heißt es, investierte er 1999 in das Unternehmen, vier Jahre später bringt er den Bezahldienst an die Börse. Es folgt der Verkauf an Ebay, der ihm 2002 satte 55 Millionen US-Dollar in die Taschen spült. Genug, um neben seinem stattlichen Investment in Facebook die Hedgefonds-Gesellschaften Clarium Capital Management und Global-Macro-Fonds zu gründen. Auch danach reißt die Glückssträhne des Unternehmers nicht ab. Seit 2003 engagiert er sich bei einer weiteren großen Techfirma: Palantir. Auch die vom US-Geheimdienst CIA gegründete "Datenkrake", wie Kritiker schimpfen, bringt er 2020 erfolgreich an die Börse.
Thiel schafft es, durch seine Investments kontinuierlich Macht und Kontostand zu vergrößern. Das Wirtschaftsmagazin "Forbes" schätzt sein Vermögen auf rund 2,6 Milliarden Dollar (2,3 Milliarden Euro). Zu seinem Markenzeichen gehören nicht nur hohe Wetten auf neue, sondern auch auf ungewöhnliche oder gar umstrittene Trends: Seit 2015 investiert Thiel beispielsweise in großem Umfang in Cannabis-Geschäfte. Zudem ist er ein großer Fan und bereitwilliger Finanzier von Elon Musks Projekt, den Mars zu besiedeln. Auch die Neo-Broker haben es Thiel angetan: Bei Trade Republic ist er als Berater tätig.
Als Exzentriker outet er sich mit seiner Förderung der Forschung rund um den Alterungsprozess der Menschen. Kryonik, wie die Technologie genannt wird, hat das Ziel, Menschen einzufrieren, um sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzutauen. Wenn Thiel von einer Sache überzeugt ist, scheut er sich nicht, auch hohe Einsätze zu riskieren. Er hat das nie überzeugender demonstriert, als bei seinem kostspieligen Rachefeldzug gegen den Klatschblog Gawker, der ihn entgegen seinem Willen 2017 als schwul outete.
Der Sonderling im Silicon ValleyEs war Thiel, der kurz nachdem Trump die US-Präsidentschaftswahl gewonnen hatte, das Tech-Treffen der Superlative im Trump-Tower organisierte. Alle Silicon-Valley-Chefs von Rang und Namen reisten damals zu ihrem künftigen Präsidenten nach New York. Auf der Gästeliste standen Apple-Chef Tim Cook, Facebook-Managerin Sheryl Sandberg, Amazon-Gründer Jeff Bezos sowie Tesla-Chef Elon Musk. Es war die geballte US-amerikanische Wirtschaftsmacht mit einem gesammelten Marktwert der Firmen von drei Billionen Dollar. Und sie alle kamen, weil Thiel sie gerufen hatte.
Trotz seiner guten Verbindungen und zahlreichen Erfolge gehörte Thiel dennoch nie richtig zur Tech-"Gang" dazu, im Silicon Valley ist und bleibt er ein Außenseiter. Die liberale Branche teilt seine radikalen politischen Ansichten nicht. Thiel hat aus seinen Überzeugungen nie einen Hehl gemacht. Er eckt an: Er redet Monopolen das Wort und sorgt nicht nur mit markigen Sprüchen, wie Wettbewerb sei für Verlierer, für Aufmerksamkeit und Negativschlagzeilen. "Ich bin ein America-First-Konservativer", sagt er von sich selbst. Dass er sich zum sogenannten Libertarismus bekennt, einer Bewegung, die die persönliche Freiheit über staatlichen Einfluss stellt, zeigt, wie weit rechtsaußen er in diesem politischen Spektrum zu verorten ist.
Viele seiner politischen Forderungen lehnen sich an Trumps Nationalismus an. Schon früh stößt er so auch zum Wahlkampfteam des mittlerweile Ex-Präsidenten. Trump und Thiel entdecken ihre Gemeinsamkeiten: beide favorisieren nicht nur einen superschlanken Staat und die Vorstellung einer technokratischen Regierung unter Umgehung der etablierten Institutionen. Auch politische Korrektheit ist beiden zuwider; sie sind für sie mit Denkverboten gleichzusetzen.
Nach der Degradierung von Steve Bannon 2017 steigt Thiel zum Trump-Vertrauten auf. Bei seinen Angestellten genießt er schnell den Ruf des "Schattenpräsidenten". Er unterstützt die Republikaner mit riesigen Summen: Laut "Politico" fördert er allein zwei republikanische Vertreter der neuen Rechten mit jeweils rund zehn Millionen Dollar. Dazu gehören der Bestseller-Autor J.D. Vance, der 2022 für den US-Senat in Ohio kandidiert, und Blake Masters, der im Herbst den von den Demokraten eroberten Senatssitz im Südwesten der USA zurückerobern will. Masters, wie Thiel ein selbsterklärter "America-First-Konservativer", ist COO in dessen gleichnamiger Investmentfirma Thiel Capital.
Thiel zieht die rechten Truppen zusammenThiel ist derjenige, der das Feld bestellt, damit Trump sich als Kandidat der Republikaner für die US-Wahl 2024 in Stellung bringen kann. Dabei bewegt er sich politisch teils auch auf sehr dünnem Eis. Er habe sich offen gegen Diversität und Multikulturismus geäußert, sagt Sandra Navidi von Beyond Global ntv, zudem "in einer Sprache, die in Amerika als rassistisch verstanden wird". Auch so bezeichnende Sätze, wie "Freiheit und Demokratie sind nicht miteinander vereinbar", gehen auf sein Konto. Wenn Thiel in die Politik und ins Trumpsche Lager wechsele, überrasche das nicht, sagt die Finanzexpertin, die seit fast 20 Jahren an der Wall Street arbeitet und mit dem mächtigen Netzwerk der Finanzwelt vertraut ist: Donald Trumps Wahl 2016 gehe "federführend" auf Peter Thiel zurück.
Der Unternehmer hat sich als sichere Bank erwiesen: "Er hat verstanden, wie man Algorithmen monetarisiert, wie man Informationen streut und wie man das Denken und das Verhalten von Menschen beeinflusst," so Navidi. Wie systematisch Thiel seine politischen Ziele vorantreibt, sieht man auch daran, dass er in das konkurrierende kanadische Videoportal Rumble investiert hat. Hier sollen "speziell rechte Meinungsführer zu Wort kommen". Das passe ins Gesamtbild, ebenso wie die Tatsache, dass er den ehemaligen österreichischen Kanzler Kurz eingestellt habe, der wegen anhaltender Korruptionsvorwürfen zurücktreten musste. Der ehemalige Bundeskanzler ist mittlerweile als "Global Strategist" bei Thiel Capital tätig. Zuvor hat Thiel bereits eine Regierungssprecherin der konservativen ÖVP eingestellt. Beide hätten "gute Kontakte zu Autokraten, vor allem im osteuropäischen Raum", erklärt die Expertin. Thiel sei "hinter den politischen Kulissen extrem aktiv".
Um Thiel war es still geworden, weg war er offensichtlich nicht. Es ist Halbzeit in Washington. Der US-Wahlkampf wird hart. Im Herbst steht mit den Zwischenwahlen der Stimmungstest für den Demokraten Joe Biden an. Die Zeit war reif für eine politische Entscheidung. Meta und Facebook waren längst ein Auslaufmodell, in der Öffentlichkeit war das Unternehmen immer wieder für Thiels Verbleib im Verwaltungsrat kritisiert worden. Auch sonst war der Hausfrieden schon lange gestört: Thiel war zwar einer der ersten Investoren von Facebook, aber er war auch derjenige, der einen großen Teil seiner Anteile beim und nach dem Börsengang des Unternehmens 2012 abgestoßen hat. Ebenso wenig scheute er sich, in Konkurrenten von Facebook zu investieren.
Spätestens, seitdem Thiel die republikanischen Kandidaten Vance und Masters unterstützt, soll sich das Verhältnis zu Zuckerberg deutlich abgekühlt haben. Vance und Masters feinden Big Tech offen an, insbesondere die Rolle von Facebook beim Sieg Bidens wird ohne Beweise angezweifelt. Für Zuckerberg sind Vance und Masters ein rotes Tuch. Bloomberg titelt: "All-in in die rechtsextreme Politik". Thiels Rücktritt werde Facebook "wahrscheinlich vor zusätzlichen politischen Kopfschmerzen bewahren". Von der Bildfläche verschwinden, wird er nicht.