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Schwere Vergewaltigung: Dominique Pelicot zu Höchststrafe verurteilt

Schwere Vergewaltigung Dominique Pelicot zu Höchststrafe verurteilt
Im Prozess von Avignon in Südfrankreich ist der Hauptangeklagte Dominique Pelicot am Donnerstag wegen schwerer Vergewaltigung zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Er sei in allen Punkten der Anklage schuldig, befand das Gericht. Pelicot hatte seine mittl

Der Hauptangeklagte zeigte sich geständig. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor für ihn die Höchststrafe von 20 Jahren Gefängnis gefordert. Er wurde zudem schuldig gesprochen, heimlich Fotos und Videos seiner Frau, seiner Tochter und Schwiegertöchter aufgenommen zu haben.

Am Ende seiner Haftzeit soll über eine mögliche Sicherungsverwahrung entschieden werden. Die Anwältin des Ex-Mannes, Beatrice Zavarro, sagte nach der Verkündung, ihr Mandat habe das Urteil zur Kenntnis genommen. Ob er in Berufung gehe, sei noch nicht entschieden. Vonseiten der Familienangehörigen der Pelicots heißt es, das Urteil sei trotz der Höchststrafe zu milde.

Gisele Pelicot würdigt „unbekannte Opfer“

Kurz vor der Urteilsverkündung war die für ihren Mut gefeierte Gisele Pelicot mit großem Beifall im Gericht empfangen worden. „Bravo, bravo“, riefen zahlreiche Menschen bei der Ankunft der 72-Jährigen im Gerichtsgebäude. Sie hatte ein Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit dem Argument abgelehnt, dass die „Scham die Seite wechseln“ müsse. Gisele Pelicot wird für ihr mutiges und entschiedenes Auftreten gefeiert und wurde in Frankreich zum feministischen Vorbild.

Gisele Pelicot auf dem Weg ins Gericht von Avignon APA/AFP/ClementT Mahoudeau
Gisele Pelicot wurde vor dem Gericht von Unterstützenden mit Applaus begrüßt

Zum Ende des Prozesses widmete die Französin ihren Kampf allen „unbekannten Opfern“ von sexualisierter Gewalt. „Ich denke an die Opfer, die nicht bekannt sind und deren Geschichten oft im Dunkeln bleiben“, sagte sie nach der Urteilsverkündung. „Sie sollen wissen, dass wir den gleichen Kampf führen.“

Sie habe sich zu einem öffentlichen Prozess entschlossen, „damit die Gesellschaft die Debatten aufnimmt, die dort geführt werden“, sagte sie. „Ich habe diese Entscheidung nie bereut“, bekräftigte sie. Der Prozess sei eine „sehr schwere Prüfung“ für sie gewesen. Sie sei „sehr mitgenommen“ und denke in erster Linie an ihre Kinder und Enkel. Gisele Pelicot bedankte sich bei allen, die sie unterstützt hatten: „Sie haben mir die Kraft gegeben, jeden Tag vor Gericht zu erscheinen“, sagte sie. Die am Donnerstag verkündeten Urteile akzeptiere sie.

Kein Freispruch

Die weiteren verurteilten Männer sollen zur Tatzeit zwischen 21 und 68 Jahre alt gewesen sein. Ein 63-Jähriger wurde wegen Betäubung und Vergewaltigung seiner eigenen Frau zusammen mit Dominique Pelicot zu zwölf Jahren Haft verurteilt, fünf Jahre weniger als von der Staatsanwaltschaft gefordert. Einen von ihnen sprach das Gericht lediglich wegen versuchter Vergewaltigung schuldig, zweien legte es sexuelle Gewalt zur Last. Die verhängten Haftstrafen der Mitangeklagten gehen von drei bis 15 Jahre. Einige Anwältinnen und Anwälte der Mittäter kündigten Berufung an.

Keiner der Angeklagten wurde freigesprochen. Ein Teil von ihnen muss direkt ins Gefängnis. Einige kommen wegen der bereits verbüßten Untersuchungshaft auf freien Fuß. Nebenklageanwalt Antoine Camus sagte: „Jeder hat in seinem Maß, auf seinem Niveau zu dieser Monstrosität, zu diesem Martyrium dieser Frau beigetragen.“ Das Gericht blieb mit seinem Strafmaß deutlich unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft, die teilweise bis zu 18 Jahre Gefängnis gefordert hatte.

Transparent mit „Merci Giselle“ APA/AFP/ClementT Mahoudeau
Die Unterstützung für Gisele Pelicot ist weltweit überwältigend

Unter den Tätern sind Journalisten, Informatiker und Krankenpfleger. Mehr als 20.000 Fotos und Videos gibt es von den Verbrechen. CNN veröffentlichte zudem Ausschnitte jener Nachrichten, die Pelicots Ex-Mann mit anderen Männern in Internetforen ausgetauscht hat und mit denen er diese ermutigte, es ihm gleichzutun.

Rund 200 Vergewaltigungen konnten nachgewiesen werden

Mehr als die Hälfte von ihnen forderte einen Freispruch, da sie angaben, vom Einverständnis der Frau ausgegangen zu sein. Doch „im Jahr 2024 kann niemand mehr sagen: ‚Sie hat nichts gesagt, also war sie einverstanden‘“, erklärte die Staatsanwältin Laure Chabaud in ihrem Plädoyer.

Keiner der 51 Täter habe die „fehlende Zustimmung“ des Opfers übersehen können. Die meisten der Taten beging der damalige Ehemann, in 92 Fällen waren andere Männer die Täter, von 74 Männern konnten 54 identifiziert werden. Sie alle wohnten in unmittelbarer Umgebung Pelicots. Insgesamt konnten die Ermittler etwa 200 Vergewaltigungen der bewusstlosen Frau nachweisen.

Erschütternder Zufallsfund

Die Männer hatten seit Prozessbeginn Anfang September unterschiedliche Aussagen gemacht: Manche gaben an, wie fremdgesteuert gewesen oder selbst womöglich unter Drogen gesetzt worden zu sein. Die meisten sagten, sie hätten gar nicht gewusst, dass sie sie vergewaltigten, oder hätten sie nicht vergewaltigen wollen, oder sie schoben die ganze Schuld ihrem Ehemann zu, der sie angeblich manipuliert habe.

Causa Pelicot: Angeklagte reagierten schockiert

ORF-Korrespondentin Cornelia Primosch berichtet über die Urteilsverkündung im Prozess gegen Dominique Pelicot und wie die Reaktionen auf das Urteil ausfallen.

Der Pensionist war im September 2020 wegen Filmaufnahmen unter die Röcke von Supermarktkundinnen festgenommen worden. Erst dadurch kam der jahrelange schwere Missbrauch seiner Frau ans Licht. Sie selbst hatte die Taten wegen der starken Medikamente, die ihr Mann ihr verabreichte, nicht mitbekommen, litt aufgrund der Missbrauchsfolgen jedoch zunehmend an gesundheitlichen Problemen.

Wendepunkt für Frankreich?

Das seit September gehende Mammutverfahren wühlte nicht nur Frankreich auf. Täglich kamen Dutzende Menschen, um dem Prozess beizuwohnen und Gisele Pelicot zu unterstützen. Das Verfahren hat auch die Debatte über „Ja heißt Ja“ wieder angestoßen.

Eine Änderung des Strafrechts, um die explizite Einwilligung in sexuelle Handlungen aufzunehmen, könnte in Frankreich die Folge sein.Der noch amtierende Justizminister Didier Migeaud signalisierte Handlungsbereitschaft, doch die derzeitige Regierungskrise könnte hinderlich für schnelle Lösungen sein.

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