Absturz des Mars-Helikopters Ingenuity: NASA ermittelt wohl Unfallursache
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Im Januar ist der Mars-Helikopter Ingenuity nach über 70 Flügen plötzlich abgestürzt. Nun meint die NASA, die Ursache für den Unfall ermittelt zu haben.
Der Mars-Helikopter Ingenuity der NASA ist bei seinem letzten Flug auf dem Roten Planeten an einem zu gleichförmigem Untergrund gescheitert, der das Navigationssystem durcheinander gebracht hat. Das legen Analysen der US-Weltraumagentur nahe, deren Ergebnis jetzt öffentlich gemacht wurde [1]. Zwar seien anhand der ausgewerteten Daten auch andere Szenarien möglich, aber "wir haben eins, das wir für das wahrscheinlichste halten", erklärte Ingenuitys Pilot Håvard Grip. Weil das auf Kamerabildern basierende Navigationssystem des Hubschraubers etwa 20 Sekunden nach dem Start nicht genug Oberflächenmerkmale zur Orientierung finden konnte, sei es demnach zum Absturz gekommen. Dabei wurden die Rotoren beschädigt.
Abruptes Ende im Januar
Ingenuity ist am 18. Januar zum 72. und letzten Mal geflogen [2]. Nachdem das kleine Fluggerät den vorigen Flug mit einer Notlandung beendet hatte, sollte es lediglich in die Höhe fliegen und sich nicht zur Seite bewegen. Wie geplant erreichte der Helikopter eine Höhe von 12 m und schwebte dann 4,5 Sekunden lang, bevor er wieder zu sinken begann. Einen Meter über dem Boden brach dann der Kontakt ab, erst am nächsten Tag konnte er wieder hergestellt werden. Dann wurde klar, dass mindestens zwei Rotorblätter den Boden berührt haben und dabei beschädigt wurden. Eines wurde sogar weggeschleudert und liegt seitdem in mehreren Metern Entfernung. Die Mission des Helikopters wurde daraufhin beendet [3].
Wie die Verantwortlichen für die Steuerung des Helikopters beim Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA jetzt erklären, halten sie es für am wahrscheinlichsten, dass sich das Gerät aufgrund der unzureichenden Navigationsdaten ungleichmäßig zu bewegen begonnen hat. In der Folge sei er im Flug seitlich abgekippt und schief auf dem Untergrund aufgekommen. Aufgrund der starken Kräfte, die dabei auf die Rotoren eingewirkt hätten, seien die abgebrochen. Das Gerät selbst wurde aber nicht beschädigt, es sendet weiterhin einmal wöchentlich Daten zum Wetter an den sich langsam entfernenden Rover Perseverance, enthüllt das JPL noch.
Nachfolger werden vorbereitet
Dass Ingenuity nach fast vier Jahren auf dem Mars noch immer aktiv ist, weise auch darauf hin, dass nicht alle Geräte für die harschen Bedingungen dort "größer, schwerer und strahlungsresistenter" gemacht werden müssen, ergänzt Projektmanager Teddy Tzanetos. Um Kosten zu sparen, war der Helikopter etwa mit kommerziell verfügbaren Smartphone-Prozessoren ausgerüstet, statt der üblichen Sonderanfertigungen. Bei der NASA werden deshalb bereits mögliche Nachfolgemissionen vorbereitet, die sich solche Erkenntnisse zunutze machen. Ein Konzept heißt "Mars Chopper" und besteht aus einem deutlich größeren Helikopter, der bis zu drei Kilometer weit fliegen soll. Ingenuitys Rekord liegt bei 700 Metern.
Ingenuity ist Anfang 2021 zusammen mit Perseverance gelandet [4] und sollte eigentlich nur fünfmal auf dem Roten Planeten fliegen. Damit wollte die NASA auch Folgemissionen den Weg bereiten. Als erstes Gerät hat der Helikopter dann auf einem anderen Himmelskörper abgehoben. Weil das so gut funktioniert hat, durfte er von da an die Hauptmission begleiten [5]. Ingenuity hat für Perseverance die Gegend erkundet und flog dem Rover immer wieder voraus. Selbst flugunfähig, hat er dann noch bei der Aufarbeitung des Absturzes geholfen. Selbst wenn der Kontakt zu Perseverance endgültig abbricht, soll das Gerät noch jahrelang Daten sammeln, die möglicherweise in ferner Zukunft einmal abgeholt werden können.
URL dieses Artikels:https://www.heise.de/-10198838
Links in diesem Artikel:[1] https://www.jpl.nasa.gov/news/nasa-performs-first-aircraft-accident-investigation-on-another-world/[2] https://www.heise.de/news/Rotor-beschaedigt-NASA-Helikopter-Ingenuity-wird-auf-dem-Mars-nicht-mehr-abheben-9609237.html[3] https://www.heise.de/news/Mars-Helikopter-Ingenuity-soll-fuer-Perseverance-mit-kaputten-Rotoren-wackeln-9615729.html[4] https://www.heise.de/news/Perseverance-landet-erfolgreich-auf-dem-Mars-5059955.html[5] https://www.heise.de/news/Fuenfter-Flug-auf-dem-Mars-Ingenuity-und-Perseverance-nun-gemeinsam-unterwegs-6040688.html[6] mailto:mho@heise.de
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