Ski-Legende Lindsey Vonn: „Ich werde nie wieder schmerzfrei sein ...
Die Ski-Legende spricht über die Folgen ihrer Karriere, ein künstliches Kniegelenk, ihr neues Leben als Investorin und die Stürze im Weltcup.
SPORT BILD: Frau Vonn, vor fünf Jahren beendeten Sie Ihre Karriere, weil Ihre Knie nicht mehr mitspielten. Welche Spuren hat das Skifahren bei Ihnen hinterlassen?
Lindsey Vonn (39): Ich werde in meinem Leben nie wieder schmerzfrei sein. Ich werde aber besser darin, damit umzugehen. In meinem rechten Knie stößt Knochen auf Knochen. Ich hatte alle zwölf bis 14 Monate Operationen, damit ich weiter funktionieren kann. Ich muss eine bessere, langfristige Lösung finden.
Wie sieht diese aus?
Ich spreche schon länger mit Ärzten über ein künstliches Kniegelenk. Aktuell prüfe ich, wann und wo ich das mache – und welche Art von Gelenkersatz. Alles ist ziemlich kompliziert. Die Operation kommt wohl in den nächsten sechs Monaten.
Bereuen Sie, wie Sie mit Ihrem Körper umgegangen sind?
Ich habe für den Skisport viele Opfer gebracht. Aber ich bereue nichts!
Als Skifahrerin standen Sie unter Dauerdruck, sprachen auch offen über Ihre Depressionen. Wie hat es sich auf Ihre Psyche ausgewirkt, dass Sie nicht mehr aktiv sind?
Ich habe den Druck nie gespürt, sondern empfand es immer als Glück, dass ich überhaupt professionell Ski fahren durfte. Was ich vom Sport in mein jetziges Leben mitgenommen habe, ist meine Arbeitseinstellung. Ich will mich immer noch ständig verbessern. Früher konnte ich noch so schnell sein, ich wollte immer mehr. So bin ich auch abseits der Piste. Ich bin eine sehr getriebene Person, die sich immer neue Herausforderungen sucht.
Vergangenes Jahr fuhren Sie unter Flutlicht die Streif in Kitzbühel runter.
Das war ein großer Spaß und eine außergewöhnliche Gelegenheit. Davon hatte ich immer geträumt. Solche Adrenalinschübe sind selten geworden.
Die Streif ist im Weltcup den Männern vorbehalten. Sollte es dort auch eine Frauen-Abfahrt geben?
Ich konnte die Piste mehrmals abfahren und wurde vom Skiclub Kitzbühel sehr gut unterstützt. Dadurch fühlte ich mich sicher. Natürlich ist es noch einmal etwas anderes, wenn man dort im Renntempo runterrast. Ich persönlich liebe es, wenn die Piste so herausfordernd wie möglich ist. Ich glaube aber, dass die meisten Frauen es anders sehen würden und in Kitzbühel gar nicht fahren wollen.
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soziale Netzwerke aktivierenWelchen Ski-Profis schauen Sie aktuell gern zu?
Sofia Goggia und ich sind enge Freundinnen. Daher liebe ich es, ihr zuzuschauen. Sie geht immer an die Grenze, fährt mit Leidenschaft und Mut. Leider ist sie aktuell verletzt. Mikaela Shiffrin schafft Dinge, die noch nie jemand vollbracht hat – besonders im Slalom. River Radamus kenne ich, seit er ein Jahr alt war. Daher war es großartig zu sehen, als er kürzlich erstmals auf einem Weltcup-Podium stand. Ein toller Kerl. Sein Vater war früher mein Trainer.
Shiffrin steht aktuell bei 96 Weltcup-Siegen. Ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie die Hunderter-Marke durchbricht?
Absolut! Ich sage bereits seit Jahren, dass Mikaela nur gegen sich selbst antritt. Es hängt davon ab, was sie selbst erreichen will. Sie wird so viele Weltcup-Siege schaffen, wie sie möchte, solange sie gesund bleibt.
Shiffrin war eine von vielen Ski-Stars, die in dieser Saison zum Teil schwere Verletzungen erlitten. Wo sehen Sie die Gründe?
Es wird eine unpopuläre Meinung sein, aber das gehört einfach zum Skirennfahren dazu. Man kann versuchen, das Tempo zu kontrollieren und zu begrenzen. Aber in der Abfahrt wird es immer Stürze geben. Es gibt große Fortschritte wie die Airbags oder lange, schnittfeste Unterwäsche. Das hat bereits geholfen, Verletzungen zu verhindern. Aber ich sehe nicht voraus, dass das Skifahren in naher Zukunft wirklich sicherer sein wird. Wenn du dich nicht verletzen willst, solltest du nicht in der Abfahrt starten.
Vonn beendete 2019 ihre Karriere als Skifahrerin
Foto: AP
Was bestimmt Ihr Leben heute?
Mit meiner Foundation biete ich Stipendien und Programme für benachteiligte Mädchen an. Darauf bin ich stolz. Ich habe eine TV-Produktionsfirma, mit der wir an fiktiven und nicht fiktiven TV-Sendungen und Filmen arbeiten. Mit „Head“ habe ich meine Ski-Kollektion und Brillen. Außerdem investiere ich in verschiedene Projekte.
Darunter ist auch das Profi-Frauen-Fußballteam Angel City FC, das unter anderem Schauspielerin Natalie Portman gehört. Warum sind Sie dort eingestiegen?
Ich möchte in andere Athletinnen investieren. Hier war es eine tolle Gelegenheit, meine Unterstützung für eine wachsende Sportart zu zeigen. Für mich gibt es nichts Wichtigeres, als junge Mädchen zu inspirieren. Daher bin ich inzwischen auch eine Investorin in einem zweiten Frauen-Fußball-Team, den Utah Royals.
Welche Sportlerin hat Sie als Kind inspiriert?
Picabo Street (u.a. Olympiasiegerin 1998 im Super G; d. Red.). Sie hat mein Leben verändert. Das möchte ich jetzt auch für andere tun, ob durch finanzielle Unterstützung oder durch Vorträge, in denen ich erkläre, wie sie ihre Ziele erreichen können.
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Kürzlich bezeichneten Sie Roger Federer als den Größten aller Zeiten. Daraufhin meldeten sich Fans von Novak Djokovic und Rafael Nadal mit Kritik. Warum steht Federer bei Ihnen ganz oben?
(lacht) Ich achte in erster Linie darauf, wer mich als Mensch und Champion inspiriert, schaue nicht nur auf die Statistiken. Roger sah ich immer als einen stilvollen Champion mit Klasse. Er war stets bescheiden. Egal, ob er siegte oder verlor, er unterschrieb jedes Autogramm – mit einem Lächeln. Seine Familie ist toll, großartige Menschen. Wenn du das Gewicht der gesamten Welt auf deinen Schultern tragen musst und dich dann noch wie er verhältst, ist das wirklich nicht leicht.
Vonn mit Tennis-Ikone Roger Federer
Foto: WWD via Getty Images
Welche Sportstars bewundern Sie noch?
Serena Williams, weil sie viele Barrieren durchbrochen hat. Das geht auch nach der Tennis-Karriere weiter: Sie hat einen eigenen Investment-Fond und ist eine Unternehmerin. Ich schaue auch auf Menschen wie „The Rock“ Dwayne Johnson. Er war ein Football-Spieler und ist jetzt einer der größten Stars der Welt, der viele unglaubliche Dinge vollbracht hat.
Sie haben jetzt Zeit, mehr Events zu besuchen, waren beim NFL-Spiel in Frankfurt.
Es war ein großer Spaß! Ich liebe einfach Sport aller Art! Football steht da ganz oben auf meiner Liste. In Frankfurt war ich überrascht, weil es mir so vorkam, als würde dort jeder Football lieben. Das hat mich wirklich glücklich gemacht. Frankfurt hat eine große Show geliefert.