Deutscher Marine-Chef muss gehen
Der deutsche Vizeadmiral und Chef der Deutschen Marine, Kay-Achim Schönbach, muss nach Äußerungen über Putin und einen möglichen russischen Einmarsch in der Ukraine seinen Posten räumen. Das bestätigte das Verteidigungsministerium am Samstagabend. Ministerin Christine Lambrecht (SPD) hat ihn in den einstweiligen Ruhestand versetzt, nachdem Schönbach zuvor darum gebeten hatte. Die Versetzung teilte das Verteidigungsministerium anschließend den Obleuten im Bundestag mit. Zuvor hatte „Business Insider“ geschrieben, dass Schönbach sein Amt zur Verfügung gestellt hätte.
Der Eklat um die Äußerungen hatte zur Folge, dass das ukrainische Außenministerium die deutsche Botschafterin in der Ukraine, Anka Feldhusen, am Samstag einberufen hatte. Es gehe um die „Unannehmbarkeit der Äußerungen des Oberkommandierenden der Kriegsmarine Deutschlands, Kay-Achim Schönbach“, hieß es in einem Schreiben des Ministeriums.
„Die Krim ist weg“Schönbach hatte bei einem Besuch in Indien zum Konflikt zwischen Russland und der Ukraine gesagt: „Die Halbinsel Krim ist weg, sie wird nicht zurückkommen.“ 2014 hatte Russland die ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel Krim annektiert. Im Osten des Landes kämpfen seither von Moskau unterstützte Rebellen gegen die prowestliche Regierung in Kiew. Angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarsches in der Nähe der Ukraine wird im Westen befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch in das Nachbarland planen könnte. Schönbach sagte, dass sich Russland ukrainisches Territorium aneignen wolle, sei „Nonsens“.
Der 56-Jährige hatte am Freitag bei einem Thinktank in Neu-Delhi gesprochen. Seine Aussagen wurden auf Video aufgezeichnet und verbreiteten sich im Internet. Anders als bislang angenommen, scheint Schönbach jedoch von der Aufnahme des Treffens gewusst zu haben, schreibt „Business Insider“. Von einer Veröffentlichung hingegen wusste der Vizeadmiral anscheinend nichts.
In dem Video sagte Schönbach auch, dass er die größere Bedrohung in China sehe. „Selbst wir, Indien, Deutschland, brauchen Russland, weil wir Russland gegen China brauchen.“ Er sei ein strenggläubiger Katholik, und Russland sei ein christliches Land – „obwohl Putin ein Atheist ist, das ist egal. Dieses große Land, auch wenn es keine Demokratie ist, auf unserer Seite als bilateralen Partner zu haben, (...) hält möglicherweise Russland von China fern.“
Verteidigungsministerium distanzierte sichSchönbach, der seit März 2021 die deutschen Seestreitkräfte leitete, äußerte auch Verständnis für den russischen Präsidenten Wladimir Putin. „Was er wirklich will, ist Respekt auf Augenhöhe. Und – mein Gott – jemandem Respekt entgegenzubringen, kostet fast nichts, kostet nichts. Also würde man mich fragen: Es ist leicht, ihm den Respekt zu geben, den er fordert – und den er vermutlich auch verdient.“
Das Verteidigungsministerium in Berlin distanzierte sich am Samstag von Schönbachs Äußerungen. „Die Äußerungen entsprechen in Inhalt und Wortwahl in keiner Weise der Position des Bundesverteidigungsministeriums“, teilte ein Sprecher auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. „Der Spiegel“ meldete, dass Schönbach mittlerweile wieder zurück in Deutschland sei. Demnach sei er für Montag zu einem „klärenden Gespräch“ mit dem Generalinspekteur einbestellt. Schönbach selbst meldete sich am Samstag über seinen dienstlichen Twitter-Account: Er bezeichnete seine Äußerung als „klaren Fehler“ und als „unbedacht, fehleingeschätzt in der Situation“. Laut einer Stellungnahme der Pressestelle der Marine soll bis zu einer Entscheidung über eine Nachfolge Schönbachs sein Stellvertreter, der Befehlshaber der Flotte, Konteradmiral Jan Christian Kaack, die Deutsche Marine leiten.
Der Konflikt zwischen Russland und Ukraine ist derzeit ziemlich angespannt, was auch das Verhältnis Kiews zu Berlin belastet. Die Ukraine monierte abermals, dass Deutschland keine Verteidigungswaffen an das Land liefern wolle: „Wir drücken unsere tiefe Enttäuschung anlässlich der Position der Regierung Deutschlands über die Nichtgewährung von Verteidigungswaffen an die Ukraine aus.“
Im Zuge der Bemühungen um eine diplomatische Lösung des Ukraine-Konflikts wird dafür offenbar das sogenannte Normandie-Format wiederbelebt. Politische Berater von Russland, Ukraine, Frankreich und Deutschland wollen einem Insider zufolge Gespräche über die Ost-Ukraine Ende Januar in Paris führen. Wie aus Kreisen der russischen Regierung am Samstag verlautete, sollen die Beratungen am 25. Januar stattfinden.
Ein Berater des ukrainischen Chefverhandlers Andrij Jermak bestätigte zwar, dass ein Treffen in Paris geplant sei. Ein vorläufiges Datum sei allerdings für den 26. Januar anvisiert. Dem Normandie-Format gehören Deutschland, Frankreich, Russland und die Ukraine an. Unter Vermittlung der Regierungen in Berlin und Paris hatten sich Russland und die Ukraine 2015 auf das Minsker Abkommen verständigt, mit dem der Osten der Ukraine befriedet werden soll. Dort stehen sich die ukrainische Armee und pro-russische Separatisten gegenüber.