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Insolvenz von Baufirma aus Niedersachsen: Familien „drohten auf der Straße zu stehen“

Insolvenz von Baufirma aus Niedersachsen Familien drohten auf der Straße 
zu stehen
Vor zwei Monaten hat der Bauträger Helma Eigenheimbau AG Insolvenz angemeldet. Tausende Kunden haben beim Unternehmen den Bau eines Zuhauses...
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Stand: 12.05.2024, 04:57 Uhr

Von: Amy Walker

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Vor zwei Monaten hat der Bauträger Helma Eigenheimbau AG Insolvenz angemeldet. Tausende Kunden haben beim Unternehmen den Bau eines Zuhauses beauftragt – das jetzt vielleicht nicht fertig wird.

Gifhorn – Was passiert eigentlich, wenn man ein Haus baut und dann plötzlich der Bauträger pleite geht? Das erfahren gerade tausende Kunden und Kundinnen der Helma Eigenheimbau AG am eigenen Leib. Die Insolvenz des Unternehmens ist nur eines von vielen in der Branche. Wie die Unternehmensberatung Falkensteg berichtet, hat es im ersten Quartal 2024 schon 630 Insolvenzen in der Immobilienbranche gegeben, ein Anstieg um 18,6 Prozent im Vorjahresvergleich. Grund für die Pleitewelle ist die massive Krise in der Baubranche durch gestiegene Zinsen, hohe Baukosten und fehlende Aufträge.

Dass das für die Unternehmen und deren Mitarbeitende schlimm ist, das ist die eine Sache. Für die betroffenen Käufer und Käuferinnen von Wohneigentum ist es aber noch ein anderes Drama. Anhand der Helma-Insolvenz ist das besonders anschaulich.

Insolvenz von Helma: Kunden können Haus mit oder ohne Grundstück kaufen

Die Helma Eigenheimbau AG mit Sitz in Lehrte hat Anfang März einen Insolvenzantrag gestellt, die vom Amtsgericht in Gifhorn noch bestätigt werden muss. Das dürfte in den kommenden Wochen geschehen.

Die Firma Helma bietet, so lässt es sich auf der Webseite nachlesen, unterschiedliche sogenannte „schlüsselfertige Häuser“ an. Das sind im Grunde Fertighäuser, von denen Interessierte aus einem Katalog unterschiedliche Arten auswählen können. Die Musterhäuser können in der Regel auch an einem Standort in Deutschland besichtigt werden. Helma bietet auch Mehrfamilienhäuser und Eigentumswohnungen an. Wer ein Helma-Haus kaufen möchte, kann zwischen zwei Optionen wählen: Entweder, man kauft ein Haus inklusive Grundstück. Oder man hat bereits ein Grundstück und kauft „nur“ das Haus, das darauf gebaut werden soll.

Im Rahmen des Insolvenzverfahrens ist das für Käufer und Käuferinnen nun der entscheidende Unterschied. Wer nur das Haus gekauft hat, besitzt zumindest das eigene Grundstück. Wer das Grundstück jedoch ebenfalls über die Helma erworben hat, hat es jetzt umso schwerer: Wie das Handelsblatt erklärt, wird der Käufer oder die Käuferin nämlich erst dann ins Grundbuch eingetragen, wenn das Haus fertig ist und abgenommen wurde. Diese Menschen stehen jetzt also ohne Haus und ohne Grundstück da.

Käufer machen durch die Insolvenz ein Verlustgeschäft

Dem Handelsblatt zufolge haben diese Menschen im Wesentlichen zwei Möglichkeiten. So kann auf der einen Seite der Vertrag rückabgewickelt werden, bisher gezahlte Kaufbeträge werden zurückerstattet und auch die Grunderwerbssteuer erhält man zurück. Allerdings bekommt man dann nicht alles zurück: der Wert dessen, was schon fertiggestellt wurde, wird in dem Fall nochmal bewertet und einbezogen. Die Bank - der das Grundstück mit der Insolvenz dann gehört - wird es dann zusammen mit dem Rohbau verkaufen oder versteigern. Erwerbsnebenkosten erhalten die Kunden nicht zurück.

Die Helma Eigenheimbau AG musste Insolvenz anmelden © IMAGO/Rainer Droese

Die zweite Möglichkeit besteht, wenn die Bank das unfertige Haus mit Grundstück nicht haben will – dann muss der Käufer oder die Käuferin nach einem neuen Bauträger suchen. Und der will sicher nicht für das haften, was der vorherige Bauträger vielleicht versemmelt hat. Es folgen komplizierte und aufwändige Vertragsverhandlungen, und der Kunde sitzt in der Regel am kürzeren Hebel.

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In beiden Fällen müssen sich Betroffene auf ein Verlustgeschäft einstellen.

„Familien drohten, auf der Straße zu stehen“: Drama um Helma-Insolvenz

Nur leicht besser weg kommen diejenigen, die nur das schlüsselfertige Haus gekauft haben und selbst Eigentümer des Grundstücks sind. Sie riskieren zwar nicht, alles zu verlieren; aber sicher ist, dass der Bau des Hauses sehr viel länger dauern wird – und auch teurer wird. Besonders dramatisch wird das in Fällen, wo die Familien ihre Wohnung schon gekündigt haben, das Haus aber nicht rechtzeitig bezugsfertig wird. „Es gab tatsächlich Fälle, in denen Familien drohten, auf der Straße zu stehen“, sagt der Insolvenzverwalter der Helma, Manuel Sack, dem Handelsblatt. Diesen Familien habe man aber die Möglichkeit eröffnet, den Fertigbau an andere Unternehmen zu übergeben.

Wie es für die Helma Eigenheimbau AG und deren Tochtergesellschaften weitergeht, ist noch ungewiss. Die Kunde und Kundinnen des Unternehmens sind auch nur ein Beispiel von vielen: Nach Angaben von Falkensteg ist die Zahl der Insolvenzanträge insbesondere von Bauträgern um 15,6 Prozent auf 326 Unternehmen im ersten Quartal des Jahres gestiegen. Schlimmer noch ist die Prognose: Der Unternehmensberatung zufolge wird die Krise noch bis mindestens ins Jahr 2026 reichen.

Baubranche in der Krise: Keine Trendwende in Sicht

Im Baugewerbe zeichnen sich jedoch schon leicht bessere Zahlen ab, als noch vor einigen Monaten. Wie das Bundesamt für Statistik Ende April mitteilt, sind die Auftragszahlen im Februar leicht gestiegen, um 1,8 Prozent im Vormonatsvergleich. Wie die Statistiker in Wiesbaden weiter mitteilten, legte der reale Umsatz im Bauhauptgewerbe im Februar im Jahresvergleich um 2,0 Prozent zu. In den ersten beiden Monaten dieses Jahres reduzierten sich die realen Umsätze zusammengenommen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum jedoch um 1,3 Prozent.

Die Branche sah in den Zahlen zum Auftragseingang vorerst „keinen Grund zur Entwarnung“ und verwies auf einen statistischen Basiseffekt unter anderem wegen der Arbeitstage. Zudem habe die Baubranche auch im Februar von Großprojekten profitiert, teilte der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie mit.

Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe gab zu bedenken, die Zahlen seien mit Blick auf die Baugenehmigungen „noch kein Wendepunkt“: Die Genehmigungen seien Voraussetzung für die Aufträge und im Februar weiter negativ verlaufen. „Die Situation ist und bleibt festgefahren.“ Hohe Finanzierungskosten und zu hohe Anforderungen bei der Förderung verhinderten viele Investitionen auf dem Wohnungsbaumarkt.

Mit Material von AFP

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