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Rücktritt nach acht Monaten: Türkische Notenbankchefin wirft das ...

Rücktritt nach acht Monaten Türkische Notenbankchefin wirft das
Wegen einer angeblichen Verleumdungskampagne tritt Hafize Gaye Erkan als Chefin der türkischen Zentralbank überraschend zurück. Die Lira gibt sofort nach.

Dass türkische Zentralbankpräsidenten keine lange Verweildauer im Amt habe, daran hatte die Öffentlichkeit sich schon gewöhnt. Doch dass sie von allein zurücktreten, dürfte auch für Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan, der sie bisher per Mitteilung im Amtsblatt entließ, eine neue Erfahrung gewesen sein. Gouverneurin Hafize Gaye Erkan jedenfalls teilte am Freitag in einem Beitrag auf ihrem persönlichen X-Account, nur acht Monate nach ihrer Ernennung, unerwartet mit, sie trete aus persönlichen Gründen vom Amt zurück.

Andreas Mihm

Wirtschaftskorrespondent für Österreich, Ostmittel-, Südosteuropa und die Türkei mit Sitz in Wien.

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Schnell beeilten sich Vizepräsident Cevdet Yilmaz und Finanzminister Mehmet Şimşek mitzuteilen, die nach der Wiederwahl Erdoğans im Mai radikal geänderte Geld- und Wirtschaftspolitik werde ohne Unterbrechung fortgesetzt. Erkan, die in den Vereinigten Staaten eine Karriere als Bankmanagerin durchlaufen hatte, hatte diese Veränderung verkörpert: Als erste Frau auf dem Gouverneursstuhl und als diejenige, die die Leitzinsen seit Juni von 8,5 auf 45 Prozent heraufgeschraubt hatte.

An den internationalen Finanzmärkten hatte die 44-Jährige zuletzt zunehmend Vertrauen gewonnen. Dort nahm man ihr ab, dass sie es mit der Rückkehr zu einer „orthodoxen Geldpolitik“ und der Bekämpfung der Inflation von zuletzt 65 Prozent in der Türkei wirklich ernst meine. Dieses persönliche Vertrauenskapital ist mit ihrem Rücktritt verloren gegangen, die eh schwache Lira verlor sofort an Wert.

Erkan beklagt „Rufmordkampagne“

Erkan begründete ihren Rücktritt mit einer angeblich gegen sie geführten öffentlichen Verleumdungskampagne. „In letzter Zeit wurde eine große Rufmordkampagne gegen mich organisiert“, schrieb sie auf der Plattform X. Sie müsse sich, ihr anderthalb Jahre altes Kind und ihre Familie schützen. In türkischen Zeitungen waren zuletzt Beichte über angebliche Vetternwirtschaft in der Notenbank erschienen, wonach Erkans Vater, der dort keine offizielle Funktion bekleidet, Personal schikaniert und entlassen habe. Erkan hatte die Vorwürfe zurückgewiesen.

Sie dankte Präsident Erdoğan und bedankte sich bei ihm und Şimşek für seine Unterstützung während ihrer Amtszeit.

Erdoğan hatte sich erst dieser Tage öffentlich hinter sie gestellt und den „erstaunlichen Klatsch, der das Klima des Vertrauens und der Stabilität in unserer Wirtschaft stören wird“ gegeißelt. Erkan hatte sich zuvor selbst auf den medialen Boulevard begeben, als sie in einem Zeitungsinterview berichtete, sie sei angesichts der hohen Immobilienpreise wieder bei ihren Eltern eingezogen. Das hatte der Frau, die in den USA ein Millionenvermögen gemacht hat, international Schlagzeilen eingetragen.

Das Finanzministerium erklärte, Erkan habe die Entscheidung „völlig persönlich und nach eigenem Ermessen“ getroffen. Erdoğan habe weiter „volles Vertrauen und Unterstützung in unser Wirtschaftsteam und unser Programm“. Daran waren immer wieder Zweifel geäußert worden, weil Erdoğan bis zu seiner Wiederwahl öffentlich hohe Zinsen als den falschen Weg kritisiert hatte, auch wenn sie in der klassischen Volkswirtschaftslehre als das wichtigste Mittel zur Bekämpfung einer Hyperinflation gelten, wie die Türkei sie seit nunmehr mehr als zwei Jahren durchlebt. Nach Schätzungen der Notenbank wird die Inflation mit 75 Prozent in der ersten Jahreshälfte ihren Höhepunkt erreichen und dann zurückgehen.

Nach einem Bericht der Agentur Bloomberg, die sich auf Insider beruft, gilt Fatih Karahan, einer der stellvertretender Gouverneure, als Kandidat für Erkans Nachfolge sein. Karahn ist Absolvent der Istanbuler Bogazici-Universität und hat als Ökonom bei der New Yorker Federal Reserve Bank gearbeitet, wie aus seiner Biografie auf der Website der Zentralbank hervorgeht. Er hat auch an der Columbia University und der New York University gelehrt und als Chefökonom für Amazon.com gearbeitet.

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