Ernährung: Schwedische Forscher überrascht – Zucker kann „gesund“ sein
Berlin. Schwedische Forscher haben herausgefunden, dass es gesünder sein kann, wenig Zucker zu essen, als komplett darauf zu verzichten.
Sei es durch die Eltern, den Kinderarzt oder den Zahnarzt: Von Kindesbeinen an lernen wir, dass Zucker schlecht für unsere Gesundheit ist. An dieser Feststellung ist auch nicht zu rütteln – oder? Forscher der Universität Lund in Schweden haben jetzt herausgefunden, dass es sogar besser sein kann, „etwas“ Zucker zu essen als ganz darauf zu verzichten.
Studie: Daten von 70.000 Menschen ausgewertet
Für die Studie wurden die Gesundheitsdaten von 70.000 Menschen im Alter zwischen 45 und 83 Jahren über einen Zeitraum von 20 Jahren ausgewertet. Die Wissenschaftler analysierten dafür vor allem aus, wie sich der Zuckerkonsum langfristig Kreislauferkrankungen auswirken kann. Dafür wurden die Probanden regelmäßig zu ihrem Essverhalten befragt. Also: Welche Süßigkeiten nahmen die Befragten regelmäßig zu sich und wie viel davon?
Im Anschluss beobachtete das Forscherteam, ob die Betroffenen in der Folge an einer oder mehreren von sieben Kreislaufkrankheiten erkrankten, darunter Herzrhythmusstörungen, Schlaganfall oder Herzinfarkt. Insgesamt war das bei 25.700 Probanden der Fall, also rund 36 Prozent.
Wichtig: Grundsätzlich sollte der Zuckeranteil der Ernährung bei maximal zehn Prozent am Tag liegen, so die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Der Wert von 50 Gramm am Tag sollte dabei aber nicht überschritten werden. Werte, die von den meisten Deutschen deutlich überschritten werden.
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Studienergebnis: Ein bisschen Zucker ist besser als gar keiner
Zwei Erkenntnisse stachen in der schwedischen Studie heraus: Je höher der Zuckerkonsum der Betroffenen war, desto höher war auch das Risiko, einen ischämischen Anfall zu erleiden, also eine Verstopfung der Arterien innerhalb des Gehirns. Auch das Risiko für ein sogenanntes Bauchaortenaneurysma erhöhte sich entsprechend. Dabei handelt es sich um eine Erweiterung der Hauptschlagader, die im schlimmsten Fällen zu Rissen und somit zu einer inneren Blutung führen kann.
Und: Wer übergewichtig war oder während des Studienzeitraums übergewichtig wurde, hatte grundsätzlich ein erhöhtes Risiko für Herzerkrankungen.
Die schwedischen Forscher fanden zudem heraus, dass die Probanden, die zwischen 5 und 7,5 Prozent (25 bis 37,5 Gramm Zucker am Tag) ihrer täglichen Energieaufnahme durch Zucker bezogen, ein deutlich reduziertes Risiko hatten, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu erleiden. Auffällig: Das Risiko war sogar geringer als bei denjenigen, die fünf Prozent oder weniger Zucker zu sich nahmen.
Herzkrankheiten: Süße Getränke sind am gefährlichsten
Die Wissenschaftler konnten anhand der Daten erkennen, dass vor allem mit Zucker gesüßte Getränke einen negativen Einfluss auf die Herzgesundheit der Probanden hatten. Wer mehr als acht Gläser Zucker-Drink täglich zu sich nahmen, hatte ein um 19 Prozent erhöhtes Risiko für einen ischämischen Anfall im Vergleich zu denen, die auf solche Getränke verzichteten. Das Herzversagen-Risiko stieg um 18 Prozent, die Gefahr, an Vorhofflimmern zu erkranken, um immerhin elf Prozent.
Suzanne Janzi, Co-Autorin und Doktorandin an der Universität Lund, sagte in einem Statement: „Flüssiger Zucker, wie er in gesüßten Getränken zu finden ist, ist typischerweise weniger sättigend als in seiner festen Form. Er macht uns also weniger „voll“, was potenziell zu einem Überkonsum führt.“
Schokolade, Eiscreme, Gebäck: Positiver Einfluss auf die Gesundheit
Spannend: Die Forscher konnten feststellen, dass nicht alle Süßigkeiten unbedingt schlecht fürs Herz waren. Wer in geringem Maß Leckereien wie Gebäck, Eiscreme oder Schokolade aß, konnte seine Gesundheit sogar leicht verbessern. Der Grund dafür könnte jedoch weniger auf die Süßigkeiten, als auf die Begleitumstände zurückzuführen sein. Denn: In Schweden ist das sogenannte „Fika“ weit verbreitet. Dabei handelt es sich um ein geselliges Zusammenkommen zum Kaffeetrinken im Alltag, wobei eine kleine Leckerei natürlich nicht fehlen darf. Die soziale Komponente dürfte den Forschern zufolge einen positiven Einfluss auf die Gesundheit haben.
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Suzanne Janzi: „Süßigkeiten werden häufig in sozialem Umfeld oder bei besonderen Anlässen genossen. Zuckerhaltige Getränke hingegen werden wohl deutlich häufiger konsumiert werden.“ Die Forscher gehen jedoch davon aus, dass die Studie nicht unbedingt auf andere Länder übertragbar ist, da es sich beim „Fika“ vor allem um ein schwedisch bzw. skandinavisches Phänomen handelt.
Zucker: Warum kann er schlecht für die Gesundheit sein?
Grundsätzlich ist der Zucker nichts Schlechtes. Er ist einer der Haupt-Energielieferanten für den menschlichen Körper. So wird unter anderem der Stoffwechsel sowie die Leistungsfähigkeit der Organe und des Gehirns angetrieben. Der Vorteil: Zucker wird sehr schnell in Energie umgewandelt. Bei Eiweißen oder Fetten dauert das deutlich länger.
Das Problem am Zucker sind eher die enthaltenen Kalorien, von denen wir gerne mal zu viele zu uns nehmen. Das wiederum führt häufig zu Übergewicht, da der Körper versucht, den überschüssigen Zucker abzuspeichern, um Reserven für schlechtere Zeiten anzulegen. Dieser überschüssige Zucker wird in Fettsäuren umgewandelt, die sich dann auf der Hüfte und der Waage bemerkbar machen. Dieses Übergewicht wiederum begünstigt Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ein Teufelskreis.
Zeitgleich werden auch Erkrankungen wie Karies, Diabetes und Krebs gefördert, so das Bundesministerium für Gesundheit.