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Prozesse gegen Zwölfjährige und Strafen für Klimakleber: FPÖ und ...

Prozesse gegen Zwölfjährige und Strafen für Klimakleber FPÖ und
In den Wahlprogrammen der möglichen künftigen Koalition gibt es zahlreiche Überschneidungen – etwa bei umstrittenen Forderungen wie der Herabsetzung der Strafmündigkeit

Justizpolitik

In den Wahlprogrammen der möglichen künftigen Koalition gibt es zahlreiche Überschneidungen – etwa bei umstrittenen Forderungen wie der Herabsetzung der Strafmündigkeit

Jakob Pflügl Fabian Schmid

9. Jänner 2025, 12:00

Eingang zu Gerichtssaal.
Strafen für Klimakleber, ein Verbotsgesetz für den politischen Islam und Transparenz bei NGO-Finanzen. Bei zahlreichen Forderungen decken sich die Wahlprogramme von FPÖ und ÖVP.
IMAGO/Harald Dostal

Werden sich FPÖ und ÖVP auf eine neue Koalition einigen? Fachleute halten das für wahrscheinlich, schließlich waren die Parteien bei vergangenen Regierungsverhandlungen stets rasch auf einer Linie. Nicht nur wirtschaftspolitisch, sondern auch justizpolitisch gibt es in den Wahlprogrammen große Schnittmengen. DER STANDARD fasst die zentralen Punkte zusammen.

Strafen ab zwölf Jahren

Die Strafmündigkeit liegt derzeit bei 14 Jahren. Die ÖVP fordert in ihrem "Österreichplan", die Grenze auf zwölf Jahre herabzusetzen. Damit ist sie mit der FPÖ auf einer Linie. Auch die Blauen fordern eine "Herabsetzung der Strafmündigkeit im Kampf gegen kriminelle Jugendbanden" auf zwölf Jahre.

Zahlreiche Fachleute und Justizvertreter hatten sich in den vergangenen Monaten dagegen ausgesprochen – darunter etwa der Dachverband Österreichischer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen sowie Vertreter der Vereinigung österreichischer Richterinnen und Richter und des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags. Eine Herabsetzung der Strafmündigkeit würde Straftaten nicht verhindern, lautet das einhellig vorgebrachte Argument. Vielmehr müsse man präventiv in die Kinder- und Jugendhilfe investieren. Die Strafmündigkeit liegt seit fast 100 Jahren bei 14 Jahren und entspricht damit der Altersgrenze in fast allen Staaten der EU.

Verbotsgesetz für politischen Islam

Die ÖVP fordert ein "Verbotsgesetz für islamistische Organisationen und Inhalte" und eine "Verschärfung des Vereins- und Versammlungsrechtes" und ist damit auf einer Linie mit der FPÖ, die ein "Verbotsgesetz gegen den politischen Islam" will. Im Zuge des Wahlkampfs zeigten sich auch die Neos offen dafür, im Strafrecht nachzuschärfen. Die SPÖ war gespalten: Die Landesfraktionen in Niederösterreich und im Burgenland waren dafür, Parteivorsitzender Andreas Babler dagegen.

Derzeit gibt es ein explizites Verbotsgesetz nur gegen nationalsozialistische Wiederbetätigung. Ein Verbotsgesetz gegen den politischen Islam würde dieses Gesetz "entwerten" und sei eine "Verharmlosung der NS-Verbrechen", erklärte Strafrechtsprofessor Alois Birklbauer im Dezember dem STANDARD. Laut der Professorin Ingeborg Zerbes gibt es genügend andere Bestimmungen, die Abhilfe schaffen. Dazu zählen etwa der Verhetzungstatbestand, der radikale Äußerungen verbietet, und das Verbot, Terror zu verherrlichen. Ein Strafparagraf gegen "religiös motivierten Extremismus", der schon vor einigen Jahren eingeführt wurde, wird kaum bis gar nicht angewandt.

Bundesstaatsanwaltschaft?

Über strafrechtliche Ermittlungen entscheidet in Österreich formal nach wie vor der Justizminister oder die Justizministerin. In den Verhandlungen der Dreierkoalition hatte man sich offenbar fast darauf geeinigt, als neue Weisungsspitze eine Bundesstaatsanwaltschaft einzuführen. Dass es in einer blau-schwarzen Koalition dazu kommt, ist eher unwahrscheinlich. Die FPÖ schließt das in ihrem Wahlprogramm aus, auch die ÖVP war jahrelang gegen eine Änderung. Ob die Schwarzen nun auf ihr eigenes, neues Modell eines Bundesstaatsanwalts bestehen, ist offen.

Zahlreiche Institutionen hatten sich in den vergangenen Jahren für eine neue, unabhängige Weisungsspitze der Staatsanwaltschaften ausgesprochen – darunter etwa Transparency International, die Staatsanwälte-Vereinigung sowie die sogenannte Pilnacek-Kommission im Justizministerium, die potenzielle politische Einflussnahmen auf Strafverfahren untersuchte.

Strafen für Klimakleber und Cannabis

Die ÖVP sagt in ihrem Programm "klar Nein" zur Cannabis-Legalisierung, aus Sicht der FPÖ ist das ebenfalls "undenkbar". Sowohl ÖVP als auch FPÖ sprechen sich für schärfere Strafen gegen Klimakleber aus. Beide Parteien plädieren zudem für höhere Strafen gegen Schlepper und für den "Strafvollzug in Drittstaaten". Gemeint ist damit, dass Straftäter ihre Haftstrafe vermehrt in ihrer "Heimat" verbüßen sollen. Ein entsprechendes Projekt der türkis-blauen Koalition aus den Jahren 2017 bis 2019 könnte revitalisiert werden.

In den Verhandlungen zu einer Dreierkoalition wollte die ÖVP laut STANDARD-Informationen ein Gesetz gegen Scheinvaterschaft einführen, weil manche Asylwerber angeblich Vaterschaften behaupten, um einen Familiennachzug zu ermöglichen. Bei der FPÖ könnte diese Forderung gut ankommen. Ähnliches gilt für die Forderung nach "finanzieller Transparenz bei NGOs", die sowohl ÖVP als auch FPÖ in ihren Programmen verankert haben. Die ÖVP hatte in den Verhandlungen mit Neos und SPÖ gefordert, dass NGOs alle Spenden über 5000 Euro offenlegen. Beim Thema Zitierverbot war die ÖVP zurückhaltender – zumindest in den bisherigen Verhandlungen. In den vergangenen Jahren hatte die ÖVP ja mehrfach gefordert, dass Medien nicht mehr aus Strafakten zitieren dürfen.

Spannend wird in den Gesprächen zwischen ÖVP und FPÖ, was beim Thema Messenger-Überwachung passiert. Die beiden Parteien hatten in ihrer letzten Koalition beschlossen, dass Behörden verschlüsselte Chats überwachen dürfen. Dieser sogenannte Bundestrojaner wurde später vom Verfassungsgerichtshof gekippt. Mittlerweile spricht sich FPÖ-Chef Herbert Kickl gegen die Messenger-Überwachung aus. Eine Einigung dürfte also schwierig werden – vorausgesetzt natürlich, beide Parteien bleiben bei ihrem Wort. (Jakob Pflügl, Fabian Schmid, 9.1.2025)

Analyse: "FPÖ-Regierung wird Österreichs Probleme vergrößern"
DER STANDARD
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