Flugzeug-Crash in Toronto: Nimmt die Zahl der Flugzeugabstürze zu?
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Das Passagierflugzeug der Delta Airlines ist auf dem Rücken zum Stehen gekommen.Bild: keystone
Erst in Kasachstan, dann in Südkorea und jetzt vermehrt in Amerika: In den vergangenen Wochen und Monaten sorgten einige Flugzeugunglücke für Schlagzeilen. Zufall – oder steckt dahinter ein Trend?
19.02.2025, 06:1519.02.2025, 10:06
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Die Bruchlandung eines Passagierflugzeugs in der kanadischen Metropole Toronto ist ersten Erkenntnissen zufolge wohl gerade noch ohne schlimmeren Schaden ausgegangen. Doch Vorfälle dieser Art häufen sich in letzter Zeit weltweit – und nicht alle gehen so glimpflich aus. Es beschleicht einen das Gefühl, dass derartige Zwischenfälle in der Luftfahrt immer häufiger werden. Stimmt das – und wie sicher ist Fliegen noch?
Inhaltsverzeichnis
So viele Flugzeugabstürze gab es in letzter Zeit
Neben dem Crash in Toronto wurden im Jahr 2025 bisher mindestens drei weitere schwere Flugzeugunfälle in Amerika gemeldet:
- Am 29. Januar kollidierten ein Passagierflugzeug und ein Armeehubschrauber in der Nähe der US-amerikanischen Hauptstadt Washington, D.C. Dabei kamen 67 Menschen ums Leben. Es handelt sich um den tödlichsten Flugzeugabsturz in den USA seit 2001.
- Am 31. Januar stürzte ein medizinisches Transportflugzeug in Philadelphia ab, wobei alle sechs Menschen an Bord und eine weitere Person am Boden gestorben sind.
- Anfang Februar kamen bei einem Flugzeugabsturz in Alaska zehn Menschen ums Leben, als ein Pendlerflug auf dem Meereis Alaskas abstürzte.
Ausserhalb der USA erregten Ende des Jahres 2024 mehrere Zwischenfälle im Luftverkehr grosse Aufmerksamkeit:
- Am 29. Dezember ging in Südkorea ein Flugzeug am Flughafen in Busan in Flammen auf. Dabei starben 179 Menschen an Bord, nur zwei Crew-Mitglieder überlebten.
- Über Kasachstan wurde am 25. Dezember ein aserbaidschanisches Passagierflugzeug mutmasslich abgeschossen.
- Am 25. November ist ein DHL-Frachtflugzeug in Litauen abgestürzt.
Zudem häuften sich auch kleinere Vorfälle in den vergangenen Wochen: So stiess etwa eine Maschine der Japan Airlines am Flughafen von Seattle beim Rollen mit einer geparkten Delta-Maschine zusammen, oder in Houston fing ein Flugzeug der United Airlines beim Start Feuer, nachdem ein Triebwerksproblem ein Feuer am Flügel ausgelöst hatte.
Auch eine Maschine der Swiss musste Ende Dezember 2024 in Graz notlanden. Ein Crewmitglied starb später im Spital.
Das waren die Ursachen der Abstürze
Washington, D.C.
In der vergangenen Woche veröffentlichten Ermittler die mögliche Ursache der Kollision in Washington, D.C.: Die Besatzung des Armeehubschraubers hatte in den Momenten vor dem Absturz möglicherweise ungenaue Höhenangaben und habe möglicherweise auch nicht die wichtige Anweisung der Fluglotsen gehört, sich hinter das Flugzeug zu begeben.
Die Aufzeichnung aus dem Cockpit deutet darauf hin, dass die Besatzung aufgrund einer unvollständigen Funkübertragung nicht verstanden haben könnte, wie sie ihre Position ändern sollte, so die Vorsitzende des National Transportation Safety Board, Jennifer Homendy. Der endgültige Bericht werde jedoch erst in über einem Jahr vorliegen.
Philadelphia
Die Behörden konnten bislang noch nicht sagen, warum der Jet mit sechs Personen an Bord abgestürzt ist. Auf den aufgezeichneten Tonaufnahmen hört man einen Fluglotsen, der anweist, beim Abflug rechts abzubiegen. Eine halbe Minute später wiederholt er die Anweisung, bevor er fragt: «Sind Sie auf der Frequenz?» Wenig später sagt er:
«Wir haben ein verlorenes Flugzeug. Wir sind nicht ganz sicher, was passiert ist, und versuchen, es herauszufinden.»
Alaska
Auch hier wird die Ursache des Absturzes noch untersucht. Klar ist: Die Wetterbedingungen und die abwechslungsreiche Natur in Alaska erschweren das Fliegen. «In Alaska herrscht wirklich raues Wetter. Wenn man irgendwo in den 50 Staaten gute Wetterinformationen braucht, dann in Alaska», so US-Verkehrsminister Sean Duffy. Zudem seien zuverlässige Telekommunikationssysteme entscheidend.
Toronto
Da sich die Bruchlandung erst am Montag ereignete, ist auch hier die Ursache noch unklar. Zwar ist bisher nicht geklärt, ob das Wetter eine entscheidende Rolle spielte, allerdings ereignete sich der Vorfall bei anhaltendem Schneefall und starkem Wind.
Eine Audioaufzeichnung des Towers des internationalen Flughafens Toronto Pearson zeigt, dass der Flug gegen 14.10 Uhr Ortszeit zur Landung freigegeben wurde. Jedoch warnte der Tower die Piloten vor einem möglichen Strömungsabriss auf dem Gleitpfad bei der Landung, da ein vorausfliegendes Flugzeug kurz zuvor landete.
Video: watson/Emanuella Kälin
Südkorea
Die Ursache des Flugzeugunglücks mit 179 Toten in Südkorea ist ebenfalls noch nicht abschliessend geklärt. Die Behörden teilten jedoch mit, dass die Piloten kurz vor der Bruchlandung einen Vogelschlag gemeldet hatten. Ausserdem setzte das Flugzeug ohne ausgeklapptes Fahrwerk auf.
Kasachstan
Die Ermittlungen zur Ursache dauern auch nach dem Absturz der Passagiermaschine der Azerbaijan Airlines an. Jedoch gab die Fluggesellschaft an, dass «externe physische und technische Störungen» zum Absturz geführt hätten.
Einige Luftfahrt- und Militärexperten sagten, das Flugzeug könne versehentlich von russischen Luftabwehrsystemen getroffen worden sein, als es ein Gebiet im russischen Kaukasus überflog, aus dem ein ukrainischer Drohnenangriff gemeldet wurde.
Weniger Sicherheit im Luftverkehr – ein Trend?
Ereigneten sich in der jüngsten Vergangenheit also wirklich mehr Flugunfälle als üblich, oder scheint das nur so? Die Vereinigung Cockpit bestätigte gegenüber der Frankfurter Rundschau, dass die Zahl der Flugzeugunfälle steigt:
«Gemessen an den Kriterien der International Air Transport Association (IATA) gab es sowohl qualitativ als auch quantitativ im Jahr 2024 einen Anstieg um zehn Prozent (im Vergleich zu 2023).»
Allein 2024 haben die Luftverkehr-Unfälle in der Gesamtzahl zugenommen und sind im Schnitt tödlicher ausgegangen als im Vorjahr – die Vorfälle von 2025 sind hier noch nicht mit inbegriffen.
Von einem Trend könne man hingegen nicht sprechen – denn eigentlich steigt das Sicherheitsniveau der zivilen kommerziellen Luftfahrt beständig. Im Jahr 2024 sind zwar deutlich mehr Menschen an Flugzeugunglücken gestorben als 2023, aber auch sehr viel weniger, als es noch vor einigen Jahren üblich war.
«Der Luftverkehr ist sehr sicher geworden – sicherer als der Autoverkehr», sagt auch Michael Schultz, Professor für Luftverkehr an der Universität der Bundeswehr München gegenüber dem SRF.
Statistiken bestätigen, dass das Flugzeug noch immer das sicherste Verkehrsmittel ist. Der US-amerikanische National Safety Council schätzt, dass die Wahrscheinlichkeit, bei einem Autounfall zu sterben, bei 1:93 liegt, während Todesfälle in Flugzeugen zu selten sind, um die Wahrscheinlichkeit zu berechnen.
«Passagiere müssen sich zurzeit wirklich keine Sorgen machen», sagte Thomas Friesacher, Flugsicherheitsforscher, gerichtlicher Unfallgutachter und selbst langjähriger Linienpilot, nach dem Unglück in Südkorea gegenüber der «Zeit». Mittlerweile sei «das Sicherheitskonzept sehr, sehr ausgereift».
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Video: watson
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