Nagel warnt vor steigender Inflation durch Handelskonflikte
Stand: 18.11.2024 15:43 Uhr
Bundesbankpräsident Nagel befürchtet steigende Preise infolge neuer Verwerfungen im Welthandel - etwa durch die Trumps Zollpläne. Die Zentralbanker hätten aber alle nötigen Instrumente, um darauf zu reagieren.
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel sieht bei einer Zunahme der Spannungen im Welthandel auch die Geldpolitik gefordert. Sollte im Zuge eines stärkeren wirtschaftspolitischen Auseinanderdriftens der Wirtschaftsräume künftig der Inflationsdruck wieder steigen, hätten Notenbanken alle Mittel, um einer solchen Situation zu begegnen und darauf zu reagieren, sagte Nagel heute auf einer Veranstaltung in Tokio.
"Für das Eurosystem würde eine spürbare Verringerung der globalen Integration letztlich bedeuten, dass es die Zinsen erhöhen müsste, um die Inflation unter Kontrolle zu halten", so der Währungshüter. "Wir können und wir werden tun, was nötig ist, um Preisstabilität zu wahren." Die EZB strebt mittelfristig zwei Prozent Inflation als Idealwert für die Eurozone an. Aktuell geht sie davon aus, dass dieses Ziel 2025 nachhaltig erreicht wird.
"Wendepunkt für die internationale Handelsordnung"
Darüber hinaus befürchtet Nagel Verwerfungen im Welthandel, sollte der designierte US-Präsident Donald Trump seine Zollpläne wahr machen: "Wenn die US-Regierung diese Versprechen in die Tat umsetzt, könnte dies einen bedeutenden Wendepunkt für die internationale Handelsordnung darstellen." Bereits vor einigen Tagen hatte er vor erheblichen wirtschaftlichen Folgen für Deutschland gewarnt, sollte Trump seine Zollpläne umsetzen.
Der Republikaner hatte die Einführung von Zöllen in Höhe von zehn Prozent oder mehr auf alle importierten Waren ins Gespräch gebracht, um das Handelsdefizit der USA zu beseitigen. Wirtschaftsexperten befürchten erhebliche Konflikte im Welthandel. Die Bundesbank fürchtet zudem Folgen für die Preise. "Wenn ein Land die Zölle stark erhöht und die betroffenen Länder Vergeltungsmaßnahmen ergreifen, könnte es zu einem deutlichen Anstieg des Inflationsdrucks kommen", betonte Nagel.
Auch wenn die Notenbanken mit höherem Inflationsdruck umgehen könnten, wäre eine "geoökonomische Fragmentierung" nicht harmlos, warnte er. "Das Produktionswachstum würde geringer ausfallen, weil wir einige der Vorteile einer effizienten internationalen Arbeitsteilung einbüßen würden." Deutschland könne die Einführung von Zöllen durchaus ein Prozent der Wirtschaftsleistung kosten, sagte Nagel kürzlich der Wochenzeitung Die Zeit.
Sorgen um das Wirtschaftswachstum in Europa
Auch aus Sicht von EZB-Vizechef Luis de Guindos birgt die Gefahr globaler Handelskonflikte zusätzliche Risiken für eine ohnehin schon schwache Wirtschaft im Euroraum. Die Gefahrenabwägung habe sich von Sorgen wegen hoher Inflation hin zu Sorgen um das Wirtschaftswachstum verschoben, sagte der Stellvertreter von EZB-Präsidentin Christine Lagarde auf einer Veranstaltung der Euro Finance Week in Frankfurt.
"Die Wachstumsaussichten werden durch die Unsicherheit bezüglich der Wirtschaftspolitik und der geopolitischen Landschaft eingetrübt, sowohl im Euroraum als auch weltweit," erklärte er. Handelspolitische Spannungen könnten weiter zunehmen. Dadurch würde die Gefahr steigen, dass es zu Extremereignissen komme.