Stellar Blade hat mehr als hübsche Kurven – aber die sind ein netter Bonus
MeinMMO-Dämon Cortyn hat in Stellar Blade die Klingen geschwungen. Ist das Spiel mehr als nur ein hübscher Körper? Ja, aber …
„Stellar Blade? Ist das nicht das Spiel, in dem es die ganze Zeit um Hintern und Brüste des Hauptcharakters geht?“
Ja. Irgendwie ist es genau das geworden. Zumindest, wenn man sich die Berichterstattung und die „Skandale“ anschaut, die in der Community diskutiert werden. Dabei wird das dem Spiel gar nicht gerecht.
Ich habe mir Stellar Blade vor einigen Tagen gekauft und bin bisher ziemlich zufrieden. Ich wusste nicht genau, worauf ich mich da einlasse – aber bisher ist es ein Spontankauf, der definitiv zu meinen besseren Entscheidungen gehörte.
Was ist Stellar Blade eigentlich?
Wenn ich Stellar Blade jemandem beschreiben müsste, dann würde ich vermutlich sagen, dass es eine Mischung aus Nier: Automata und Dark Souls ist. Es hat die Sexyness, die musikalische Untermalung und das Combo-System von Nier, auf der anderen Seite aber richtig knackige Bosskämpfe wie in Dark Souls, bei denen man mehr als nur einmal vom Respawn-Punkt zurücklaufen muss, um den Kampf letztlich gewinnen zu können.
Dazu muss ich sagen, dass mich Spiele wie Dark Souls oder Elden Ring nie bis zum Ende gehalten haben (Ja, Schande über mein Haupt), bei Stellar Blade sieht das bisher anders aus.
Das liegt vor allem daran, dass Stellar Blade auf das „Du verlierst alles beim Tod und musst es wiederfinden“ verzichtet, was die Souls-Spiele so oft hatten. Es gibt kein panisches „Oh, jetzt muss ich erst meine Leiche einsammeln und darf bis dahin nicht nochmal sterben“.
Man stirbt, spawnt neu und die Gegner sind wieder da. Aber alle gesammelten Besitztümer bleiben erhalten.
Das reduziert den Frust deutlich.
Das heißt aber nicht, dass Stellar Blade einfach ist. Viel mehr schafft man damit die Grundlage, in den Bosskämpfen ordentlich aufs Maul zu bekommen, ohne frustriert nach jedem Tod den Controller in die Ecke werfen zu wollen.
Ein komplexes Kampfsystem mit vielen Freiheiten
Auf den ersten Blick wirkt das Kampfsystem recht simpel. Durch Drücken der Viereck- und Dreieck-Taste verbindet man unterschiedliche Angriffe zu Kombos und hackt die meisten Gegner zu Brei, bevor die irgendetwas tun können. Gerade einzelne, kleine Feinde kommen oft gar nicht dazu, sich wirklich zu wehren.
Das kann sich jedoch schnell ändern, wenn man zu viele Feinde gleichzeitig anlockt. Denn dann ist man selbst ganz schnell im „Stunlock“ und sieht Eves Lebensbalken ungesund schnell schrumpfen.
Doch was bei handelsüblichen „Trashmobs“ noch wunderbar funktioniert, scheitert bei Bossen oder stärkeren Feinden rasch. Spätestens beim ersten Boss „Abaddon“ wird man dann eines Besseren belehrt, dass „Button Mashing“ nicht das Mittel der Wahl sein sollte.
Denn wer es da mit dauerhaftem Zuschlagen probiert, wird in der Kombo rasch unterbrochen und findet sich dann im Würgegriff eines verheerenden Finishers, der gerne mal 50 % oder mehr der eigenen Lebensleiste raubt.
Bei Bossen kommt es auf exaktes Timing und gute Reaktionen an. Denn nur wenn man genügend gegnerische Angriff in schneller Reihenfolge perfekt pariert, kann man die Bosse aus dem Gleichgewicht bringen und selbst einen Finisher ansetzen.
Dabei muss man oft blitzschnell die richtige Entscheidung treffen. Weicht man aus oder pariert man? Benutzt man einen Fluchtsprung nach hinten oder versucht man einen Gegenangriff mit einem Sprung in den Rücken des Feindes zu starten?
Die richtige Antwort darauf ist gar nicht so einfach. Denn auch wenn man nach einer perfekten Parade zum Gegenschlag ausholt, kann dieser Konter das eigene Todesurteil sein, weil man den zweiten Angriff des Bosses eben nicht abwehrt.
Kurz und knapp: Das Kampfsystem ist fordernd und macht richtig, richtig Laune. Es wird zurecht gefeiert.
Es kam mehrfach vor, dass ich mich gut gelaunt für eine oder zwei Stunden durch die Spielwelt hackte, Feinde mit Hinterhalten sofort tötete und mich mit Eve wie eine Todesgöttin fühlte, nur um dann von einem Zwischenboss so dermaßen „auf die Fresse“ zu kriegen, dass ich nochmal die Datenbank aller verfügbaren Skills durchgehen musste, um überhaupt eine Chance zu haben.
Neue Fähigkeiten schaltet man über verschiedene Talentbäume frei, deren Punkte man wiederum durch Erfahrung freischaltet. So lernen wir im Laufe der ersten Stunden Doppelsprünge, Stealth-Attacken die sofort töten oder Sturmangriffe mit Betäubungen. Je nach Spielstil kann man hier viel Variation finden und auch jederzeit für geringe Kosten die ganzen Talentpunkte zurücksetzen.
Dazu gibt es ein recht simples Crafting- und Ausrüstungs-System. Das ist funktional und erlaubt ein wenig Anpassung des Spielstils. So kann man etwa Kombos verstärken, mehr Beta-Energie erhalten (quasi die „Zauber“-Ressource) oder den erlittenen Schaden reduzieren. Das ist nett, aber auch nicht mehr als Standard.
Große Spielwelt und viel zu entdecken
Wer die Welt von Nier: Automata mochte, der wird auch in Stellar Blade glücklich sein. Ein großer Teil der Erde ist vernichtet oder überwuchert und die Großstädte sind zu Ruinen verkommen, durch die Feinde streifen.
In den häufig urbanen Gebieten kann hinter jede Ecke ein Hinterhalt lauern und es gibt viel zu entdecken. Manchmal erkennt man gerade so einen unscheinbaren Vorsprung, der dann zu einem ganz neuen Areal führt, in dem versteckte Kämpfe oder ein neues Outfit warten.
Schön ist, dass die Level relativ großzügig ausfallen. Fast immer gibt es sehr viele optionale Wege, bei denen sich zusätzliche Feinde und jede Menge Ressourcen verstecken.
Sehr oft sorgt ein Scan der Umgebung dafür, dass man entfernte Plattformen ausfindig macht oder doch noch einen versteckten Aufgang zu einer neuen Etage eines Gebäudes findet, wo das ein oder andere Upgrade zu finden ist.
Ich bin jetzt nicht der größte Fan von „Komm später nochmal wieder, um die Kiste zu öffnen, die du vor 3 Stunden gefunden hast“, aber wer alle Belohnungen, wie Skins für Eve oder Waffen-Upgrades will, wird darum nicht herumkommen. Das liegt vor allem daran, dass man manchmal Fähigkeiten erst später bekommt – wie etwa den Doppelsprung – aber schon vorher versucht an die lockende Kiste zu kommen, die genau 20 cm zu hoch hängt.
Eve ist sexy, aber es passt zum Look der Welt
Aber gut, kommen wir zum (für manche) wichtigsten Punkt: Ja, Eve ist ziemlich hot. Dass so ziemlich jedes ihrer Outfits hauteng und glänzend-reflektierend ist, setzt das auch gut in Szene.
Wenn es um aufreizend dargestellte Protagonistinnen geht, dann ziehe ich immer gerne Bayonetta zu rate. Die ist für mich das Paradebeispiel einer sexualisierten Heldin, die das aber vollkommen angenommen hat – sie bewegt sich und gibt sich so, weil sie provokant und lasziv ist. Das war in die Story und ihren ganzen Charakter eingewoben. Hier passte das perfekt.
Stellar Blade hat das nicht. Die Fähigkeiten und Skills sind nicht sexualisiert oder besonders erotisch dargestellt. Klar, das bleibt bei einigen Fähigkeiten alleine aufgrund des Outfits schon nicht aus, aber es ist eben nicht der Kern. Es wirkt vielmehr cool und passend.
Und – im Gegensatz zu Bayonetta – sind die Moves und Skills von Eve jetzt nicht krampfhaft auf Sexappeal ausgelegt.
Ich weiß noch, dass Bayonetta damals auf der eigenen Spiel-Verpackung mit „ein spielbarer Action-Porno der Superlative“ warb. Das trifft auf Stellar Blade überhaupt nicht zu.
Die so viel diskutierten Äußerlichkeiten von Eve sind zwar immerzu präsent und bei einigen Outfits dachte ich mir durchaus “Oh my, Eve, ein bisschen gewagt”, aber letztlich ist das auch nicht so wichtig. Denn in der Spielwelt sind so ziemlich alle menschlich-anmutenden Gestalten ziemlich attraktiv. Egal ob Eve, Adam oder sonstige von Mother Sphere aufgewerteten Charaktere.
Was ich jedoch nicht verstehe, sind die Haare von Eve. In der Standard-Einstellung hat Eve nämlich einen langen Pferdeschwanz und der zeigt leider sehr eindrucksvoll, dass die Technik zur Darstellung von langen Haaren doch noch nicht so ausgefeilt ist, wie wir das gerne hätten. Die bewegen sich häufig so unpassend und hölzern, dass es den Rest des hübschen Körpers fast ein wenig entstellt. Besonders bei ruckartigen Bewegungen clippen die Haare auch gerne mal durch den Körper und lassen es wirken, als hätte Eve einen richtig langen Vollbart.
Kleine Bonusinfo, weil ich euch doch kenne: Ein wenig kurios fand ich, dass Eve in ihrem Collector’s-Edition-Outfit nicht nur einen knappen Minirock trägt, sondern auch plötzlich deutlich mehr Brustumfang hat. Aber hey – ich werd’ mich sicher nicht beschweren.
Spaß beiseite. Die verschiedenen Outfits sind mehr als nur Skins, da sie teilweise die Körperform von Eve ein wenig ändern. Das führt dann unweigerlich dazu, dass bei einigen Outfits deutlich mehr wackelt als bei anderen.
Und ja, manche der Outfits sind tatsächlich ein wenig fragwürdig. Für mich trägt es nicht gerade zur Atmosphäre des Spiels bei, Eve im Playboy-Bunny-Kostüm oder Minirock durch die vernichtete Welt hoppeln zu lassen. Aber das Schöne: Das muss ich ja auch nicht. Es gibt genug Outfits, deren Optik deutlich besser passt. Da ist für jeden und jede was dabei. Vom schwarzen Ganzkörperanzug bis hin zu „trägerloser Bademode“ – da muss mir nicht jeder Skin gefallen.
Da die Outfits aber absolut keine Auswirkung auf die Performance im Kampf haben (außer man wählt den “Hautanzug”), kann man einfach wählen, was man will. Wer dann meckern will, ist selbst schuld.
Kleine Fehler trüben den Gesamteindruck – vor allem der Sound
Dennoch: Stellar Blade ist in meinen Augen kein Meisterwerk und auch recht weit davon entfernt.
Vor allem der Sound in dem Spiel macht mich irre. Ich habe für die PS5 ein Surround-System und das funktioniert einwandfrei für Spiele wie Final Fantasy XVI oder viele andere. Aber Stellar Blade treibt mich in den Wahnsinn. Manchmal ist ein Wasserfall direkt vor mir, aber der Sound kommt von hinten links. Manchmal ertönen Eves Schwertschläge „hinter“ mir. Da ist irgendwas beim Sound-Design tierisch schief gelaufen und braucht dringend einen Patch oder mehr Feinschliff.
Vielen Angriffen fehlt dazu ein wenig die akustische Wucht, sodass sie sich schlicht nicht befriedigend anhören. Aber das mag auch durch das oben beschriebene Problem verstärkt werden.
Doch nicht nur der Surround-Sound ist ein Problem, sondern auch die Qualität der eingesprochenen Sätze. Während die Hauptcharaktere wie Eve und Adam in der englischen Sprachausgabe ziemlich solide sind, fallen andere Charaktere negativ auf. Manchmal wirken Sätze so emotionslos oder übertrieben dramatisch, dass sie gar nicht zur Szene passen. Das wirkt ein bisschen, als hätten die Synchronsprecher bei der Tonaufnahme gar nicht gewusst, in was für einer Szene ihre Sätze verwendet werden und reißt doch manchmal aus dem Spiel raus.
Auch die Story des Spiels ist ein wenig vorhersehbar. Das Setting ist cool, aber auch nicht ganz frisch. Die Charaktere sind alle ein wenig eindimensional. Es wirkt ein bisschen, als hätte Stellar Blade eine Geschichte, weil es eben eine braucht. Das reicht, um ein spaßiges Action-Adventure zu haben, aber wer hier geniale „Mindfuck-Momente“ erwartet, könnte häufiger genervt die Augen verdrehen.
Mich hat die Story allerdings genügend unterhalten, um am Ball zu bleiben – selbst wenn das Kampfsystem hier der entscheidende Faktor war.
Zuletzt ist die Grafik ebenfalls recht schwankend. Manchmal gibt es plötzlich matschige Texturen in einer Zwischensequenz und an die grafische Oppulenz eines Final Fantasy XVI reicht Stellar Blade einfach nicht heran. Das Spiel sieht permanent gut aus, aber niemals überragend.
Letztlich sind das aber Kleinigkeiten. Ich habe Freude an dem Spiel und komme erstaunlich gut damit zurecht. Zwar ist die Lernkurve bei einigen Szenen unerwartet steil, aber aufgrund solider Speicherpunkte und der Möglichkeit, im Zweifelsfall einfach einen oder zwei neue Skills farmen zu können, fühlte sich das letztlich immer fair an. Als Notlösung könnte man auch einfach auf die niedrigste Schwierigkeit umschalten, aber dafür ist mein Gamer-Ego bisher noch zu groß.
Wer gerade ein wenig Leerlauf hat und einfach ein solides, schönes Action-Spiel sucht, ist mit Stellar Blade durchaus gut beraten. Wer dauerhafte Sexyness erwartet, die über die hübsche Rückansicht von Eve hinausgeht, könnte allerdings bitter enttäuscht werden.
Bei dem mehr als soliden Spiel ist es schade, dass die meisten Diskussionen vor allem um die Optik der Protagonistin kreisen.