Peter Kraus im Interview: Hatte nie eine Affäre mit Fans
Sie erwähnten gerade schon das Thema Frauen. In den Sechzigerjahren galten Sie als „Schmusesänger“, dem die Frauen zu Füßen lagen. Hat Sie dieses Attribut nie gestört?
Den Begriff Schmusesänger gab es damals eigentlich noch nicht, das hat man erst später über mich geschrieben. Ich wollte immer ein Entertainer sein und die vielen Möglichkeiten dieses Berufes ausschöpfen.
Aber wie kamen Sie denn als junger Mann damit klar, von den Mädels im ganzen Land angehimmelt zu werden?
(lacht) Was soll ich dazu sagen?
Alles, Herr Kraus…
(lacht) Das gehörte eben zu meinem Beruf. Das klingt jetzt fürchterlich nüchtern, und ich höre mich gerade nicht gerne sprechen. Das Lied ist es doch nicht allein. Es kommt darauf an, wie du es rüberbringst, was du damit machst, was du verkörperst. Ich hatte einfach diese Wirkung auf junge Frauen. Aber soll ich Ihnen mal etwas verraten?
Ich bitte darum.
Ich habe nie Bekanntschaften oder Liebschaften mit Fans gehabt.
Kaum zu glauben…
Ich weiß, dass es total ungewöhnlich ist. Die meisten großen Stars hatten und haben ihre sogenannten Groupies. Das hat mich nie interessiert. Ich habe tolle Frauen geliebt in meinem Leben, aber alles Frauen, die zu erobern waren. Das ist einfach das Schönste. Deshalb komme ich auch darauf, dass ich es mehr als Beruf gesehen habe. Mir wurde klar, ich bin ein Frauenliebling. Ich mache dazu die Show, und die muss Bestand haben. Aber das war nie mein Leben.
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All die BHs, Slips und Sonstiges, was die Frauen auf die Bühne geworfen haben, hat Sie demnach auch nicht interessiert?
(lacht) Nein, das Zeug haben die Roadies eingesammelt und mitgenommen. Schauen Sie, ich habe ja auch parallel immer Filme gedreht und hatte es dort mit traumhaften Partnerinnen zu tun, die mich schon eher interessiert haben.
Conny Froboess zum Beispiel…
Genau. Uns verbindet heute noch eine intensivste Freundschaft, die aber auch darauf basiert, dass wir kein Liebespaar waren.
Was aber die ganze Nation gedacht hat…
Ja, aber Sie war viel zu jung damals, erst 16. Ich war 19 und habe für ältere Frauen geschwärmt. Conny kommt heute noch in meine Konzerte. Kürzlich haben wir noch gemeinsam Interviews vor der Kamera gemacht. In einem Cabrio. Das wird zum Geburtstag im Fernsehen ausgestrahlt. Sie erzählt da von ihrem allerersten Kuss, den ich ihr gegeben habe. Aber das muss sie selbst erzählen. Wir haben ein gutes und schönes Verhältnis.
„Conny und Peter machen Musik“: So hieß 1960 der Film, den Peter Kraus mit Conny Froboess drehte. Foto: imago/United Archives
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Apropos Cabrio: Haben Sie noch Ihre feine Sammlung an Cabrios und Sportwagen?
Ja.
Und die fahren Sie auch regelmäßig noch aus? Sind Sie noch bei Autorennen wie Mille Miglia dabei?
Nein. Ich bin lange genug gefahren. Ich fahre mit meiner Frau spazieren oder mit Freunden irgendwohin. Das ist einfach eine Geschichte, wo man sagen muss, das ist im Alter abgehakt. Ich habe auch mit dem Skifahren, Wasserskifahren und anderen Sportarten aufgehört. Abgesehen davon, ist das Autofahren heute nicht mehr mit damals zu vergleichen. Ich träume immer noch davon, wie einmalig es war, ohne viel Verkehr über die Pässe zu flitzen.
Peter Kraus und sein AC ACE Bristol D2 aus dem Jahr 1958 beim sechsten Arosa Classic Car Rennen 2010. Foto: dpa/KEYSTONE
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Kommen Sie denn in Ihre engen italienischen und englischen Sportwagen noch bequem rein und raus?
(lacht) Also sowas. Ich bin fast noch so beweglich wie früher.
Haben Sie überhaupt keine Zimperlein?
Nein. Selbst von dem Unfall mit der Schulter vor einigen Jahren spüre ich heute nichts mehr. Da ist mir bei so einer verrückten Show ein Kollege ins Kreuz gesprungen. Warum macht man auch so einen Blödsinn mit…
Sie machen immer noch verrückte Dinge. Vor zwei Jahren haben Sie noch bei „The Masked Singer“ mitgemacht…
Oh ja. Das war richtig anstrengend.
Peter Kraus in der Figur des Stinktiers bei „The Masked Singer“ 2021. Foto: dpa/Rolf Vennenbernd
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Weil man so schwitzt im Kostüm?
Die ganze Situation ist sehr bizarr, weil du in eine fremde Person oder Identität hineinschlüpfst, die du nicht bist. Trotzdem war es ein großes Erlebnis, vor allem der Moment, als ich den Helm abnahm. Alle haben sich gewundert, weil sie dachten, ich hätte ein Junge sein müssen, so wie ich mich bewegt und getanzt habe in dem Stinktier-Kostüm. Denen ist die Kinnlade runtergefallen. Den Moment werde ich nie vergessen.
Herr Kraus, Sie haben noch einen weiteren Superlativ zu bieten: Mit Ihrer Frau Ingrid sind Sie seit 55 Jahren verheiratet. Nennen Sie uns Ihr Erfolgsgeheimnis.
Es gibt dafür kein Geheimnis. Da sind die Richtigen zusammengekommen. Meine Frau hat sehr früh das erste Mal geheiratet, unglücklich verheiratet, hat ein Kind gehabt. Sie ist mit dem Kind bei Nacht und Nebel aus Holland abgehauen und wollte von Männern nichts mehr wissen. Ich hatte eine wilde Jugend hinter mir, und war auch etwas unglücklich, als mein Plattenvertrag gekündigt wurde. Ich hatte da erstmal die Nase voll vom Showbusiness und begann, in Wien Theater zu spielen. Zum ersten Mal war ich für längere Zeit an einem Ort mit Ruhe, wo ich nur am Abend auf der Bühne stehen musste. In dieser Phase habe ich meine Frau kennengelernt und habe zum ersten Mal eine Beziehung romantisch ohne Zeitdruck begonnen. Bis dahin hieß es bei immer: Jetzt oder nie. Daraus hat sich eine tolle Beziehung entwickelt. Wir haben uns dann für ein Leben abseits des Rummels entschlossen und ein Haus im Tessin gekauft. Ich bin nach Auftritten nachts noch stundenlang nach Hause gefahren, anstatt im Hotel zu bleiben. Wir hatten beide das Gefühl, so ein Glück dürfen wir nicht zerstören.
Sänger Peter Kraus ist mit seiner Frau Ingrid seit 55 Jahren verheiratet. Foto: dpa/David Visnjic
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Werden heutzutage Ehen zu leichtfertig aufgegeben?
Ich denke schon. Das ist kein Vorwurf. Bei uns war es ja eher eine klassische Ehe. Meine Frau hatte vorher Karriere als Model und Botschafterin der Mode gemacht. Und als das Kind kam, hat sie sich gesagt: Ich höre auf und bin mit Leib und Seele Mutter, Hausfrau, Gemahlin und Geliebte. Das war damals einfach eine andere Voraussetzung. Diese Erfahrung können junge Paare heute kaum noch machen.
Sie machen immer den Eindruck, als sei Ihnen alles leichtgefallen. Aber in Wahrheit war es ganz viel Arbeit und Disziplin, oder?
Ja. Es ist viel Disziplin nötig in diesem Beruf. Du musst vor allem ständig dranbleiben. Ich hatte nie den Wunsch, so wie viele Kollegen, irgendwann ganz aufzuhören und nur noch segeln zu gehen. Im Gegenteil: Wenn etwas gut lief, habe ich die Chancen genutzt, noch mehr daraus zu machen und etwas Neues anzukurbeln. Die große Arbeitszeit war für mich immer, wenn ich Riesenerfolg hatte. Ich war immer darauf vorbereitet, dass der Erfolg auch schnell wieder vorbei ist und habe mich nicht auf den Lorbeeren ausgeruht. Das hat mich mein ganzes Leben auf Trab und jung gehalten.
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Wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten, gäbe es dann irgendwo eine Korrektur in Ihrem Leben?
Mein Lebenstraum hat sich ja nicht erfüllt.
Welcher?
Ich wollte mit 30 Jahren ein begnadeter Filmregisseur sein. Ich habe mit 21 schon meine eigene Regie gemacht, meine eigene Show gedreht. Ich könnte Ihnen jetzt auch erzählen, dass ich in Deutschland die allererste Comedy-Show im ZDF gemacht habe. Die hieß „Bäng Bäng“ und nicht Klimbim.
Das machen wir das nächste Mal. Wie möchten Sie der Nachwelt in Erinnerung bleiben?
Ein Manager hat mal zu mir gesagt: Du zählst immer auf, was du schon alles gemacht hast und bist stolz darauf. Das ist auch gut so. Aber ich arbeite mit dir nur zusammen, wenn du das weglässt und nur noch sagst: Ich bin der Erfinder des deutschen Rock’n’Rolls. Das war der Start zu einem ganz großen Comeback. Gleichzeitig hat diese Fokussierung dafür gesorgt, dass man im Grunde nicht viel anderes von mir weiß. (lacht) Aber das ist auch in Ordnung so.