Fischer: Horst Köhler hat christliche Botschaft ernstgenommen
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In Berlin haben Staat und Kirchen Abschied von dem früheren deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler genommen. Sein aktueller Nachfolger Frank-Walter Steinmeier würdigte ihn als "unermüdlichen Diener des Gemeinwesens", und auch sein früherer österreichischer Amtskollege Heinz Fischer gehörte zu den Trauerrednern. Köhler sei "ein religiöser Mensch, der die christliche Botschaft ernstgenommen hat", sagte Fischer, der 2004 zeitgleich mit Köhler ins Amt gekommen und mit ihm bis zuletzt freundschaftlich verbunden war. Religion sei für Köhler "Richtlinie und Stütze" gewesen, auch in Momenten wie jenen seines Amtsrücktritts, bei denen er "auf die Probe gestellt" worden sei.
Bereits in einem seiner ersten Interviews als gewähltes Staatsoberhaupt habe Köhler auf die Frage "Wenn Sie eines Tages als sehr alter Herr auf Ihr Leben zurückblicken werden - was möchten Sie dann sehen?" gesagt: "Einen zufriedenen Menschen, der von Gott die Fähigkeiten bekommen hat, die ich gut einsetzen konnte", erinnerte sich Altbundespräsident Fischer zurück, gefolgt von seiner persönlichen Bemerkung: "Es ist tröstlich, dass man sagen kann: Dieser Wunsch ist in Erfüllung gegangen." Fischer würdigte den Verstorbenen zudem als angesehenen Europäer, Staatsmann und liebenswürdigen Menschen, sowie als "Vorbild in sehr vielen Bereichen in vieler Hinsicht".
Bei dem Trauergottesdienst, dem ein Staatsakt im Berliner Dom, ein Militärisches Abschiedszeremoniell vor der Kirche und ein Trauerempfang im Berliner Rathaus folgten, waren unter den 1.000 Mitfeiernden die gesamte deutsche Staatsspitze, die früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck und Christian Wulff sowie Köhlers Familie vertreten. Der von 2004 bis zu seinem Rücktritt 2010 amtierende neunte Bundespräsident Deutschlands war am 1. Februar im Alter von 81 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit im Kreise seiner Familie in Berlin gestorben.
Ethikorientierte Praxis
Bundespräsident Steinmeier hob in seiner Ansprache hervor, Köhler sei ein tatkräftiger und bis in die letzten Tage seines Lebens "unermüdlicher Diener des Gemeinwesens" gewesen. Köhler habe schnell die Herzen der Deutschen gewonnen, "durch sein einladendes Lachen, durch seinen Optimismus, durch sein beherztes und unbefangenes Zugehen auf alle, die ihm begegneten", so Steinmeier. Er sei ein Familienmensch gewesen und habe "in aller Welt Freunde und Partner gesucht und gefunden". Besonders hob er Köhlers Engagement für Afrika hervor. Sein Dienst für Deutschland sei auch "eine Verpflichtung, dieses Land in seinem Sinne zu bewahren und als höchst lebenswerten Ort auch den zukünftigen Generationen zu erhalten".
Wie das Staatsoberhaupt weiter hervorhob, seien Köhler das christliche Erbe Europas und das Gebot der Nächstenliebe wichtig gewesen. In seiner Amtszeit habe er gezeigt, "dass ethische Maximen und praktische Politik zusammengehören und, wie er belegt hat, auch zusammenpassen". Köhler sei vom christlichen Glauben geprägt gewesen, ohne ihn demonstrativ vor sich herzutragen: "Aber immer wieder konnte man spüren, dass hier die Kraftquelle seines Lebens und seines Engagements lag."
Brückenbauer für Ökumene und Weltgemeinschaft
Der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, erinnerte in seiner Predigt daran, dass der Protestant Köhler sich auch für die Ökumene eingesetzt und Brücken gebaut habe. Er habe vor allem in Erinnerung gerufen, "dass wir als Menschheit zusammenstehen müssen, in Europa, in Afrika, als Weltgemeinschaft", so Huber. Köhlers Haltung bleibe gerade heute "ein besonderes politisches Verdienst und eine unvergessliche Mahnung."
Der ehemalige Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU), der Anfang der 1990er Jahre Chef des damaligen Staatssekretärs Köhler war, erzählte von seinem letzten Gespräch, das die beiden im Jänner geführt hätten. "Wir stehen vor der größten Katastrophe, größten Krise seit 1948 und sind darauf nicht vorbereitet", zitierte Waigel Köhler. "Wo immer er während und nach seiner aktiven Zeit tätig war, hat er Ehre für Deutschland eingelegt."
Der frühere kenianische Präsident Uhuru Kenyatta sagte, Köhler habe für eine Zukunft gewirkt, in der die Nationen zusammenarbeiteten, um die globalen Probleme zu lösen. Er habe sich unermüdlich für die nachhaltige Entwicklung Afrikas eingesetzt. Sein Vermächtnis wirke weiter.
Köhler war als Bundespräsident nur gut ein Jahr nach seiner Wiederwahl für eine zweite Amtszeit zurückgetreten. Vorausgegangen war eine kritische Debatte über Äußerungen zum damaligen Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. Zu Köhlers großen Themen gehörten die internationale Zusammenarbeit und globale Gerechtigkeit. Vor seiner Amtszeit als Bundespräsident war er unter anderem Chef des Internationalen Währungsfonds, Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sowie Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes.
Quelle: Kathpress