Bundesliga-Egoisten: Keine Umlage für Polizeikosten bei ...
Der Sozialdemokrat Ulrich Mäurer ist seit 2008 Innensenator des Landes Bremen. So lange, dass seine Idee von einer Beteiligung der Fußballklubs an den Kosten für Polizeieinsätze bei sogenannten Hochrisikospielen erst nach etlichen Jahren Amtserfahrung in die Tat umgesetzt wurde: 2014 war das.
Eine „populistische Idee“ sei das, kommentierte die Sportredaktion der F.A.Z. damals, „mit einem gewissen Charme“. Der erste Bremer Gebührenbescheid erreichte die Deutsche Fußball Liga (DFL) GmbH im Jahr darauf. Bis zum Sommer 2024 sind weitere acht Bescheide hinzugekommen, auf mehr als drei Millionen Euro belaufen sich die Forderungen des Dienstherrn der Bremer Polizei. Die Hälfte überwies das Bremer Bundesligaunternehmen SV Werder Bremen GmbH & Co. KGaA der DFL, die andere Hälfte wurde gestundet, bis zur letztinstanzlichen Entscheidung über die Umsetzung von Mäurers Idee.
Die ist rechtens. Das entschied nun, nach dem Oberverwaltungsgericht Bremen und dem Bundesverwaltungsgericht, das Bundesverfassungsgericht. Angesichts der Rechtsprechung der oberinstanzlichen Verwaltungsgerichte in der Sache ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts keine Überraschung.
8,5 Prozent sind Hochrisikospiele
Die Mehrkosten eines Teils der Wochenende für Wochenende ausgetragenen Multievent-Großveranstaltung Fußball-Bundesliga können auch deren wirtschaftlichen Nutznießerinnen und Nutznießern der Polizeieinsätze auferlegt werden. Wie in Frankreich, Italien, in der Schweiz und grundsätzlich auch in England.
Auch andere Bundesländer dürften die Deutsche Fußball Liga GmbH bei Hochrisikospielen demnächst zur Kasse bitten – nach Angaben der Liga waren das in der Saison 2022/23 knapp 8,5 Prozent der ausgetragenen Spiele.
Wie werden die Fußballunternehmen reagieren? Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hatte der DFL zunächst beigestanden, Druck auf die Politik zu erzeugen versucht, in dem er keine Länderspiele mehr in Bremen austragen ließ. Ohne das gewünschte Ergebnis. 2023 spielte die Nationalmannschaft wieder im Weserstadion.
Nun sagt Hans-Joachim Watzke, der Aufsichtsratsvorsitzende der DFL, werde es „nicht so kommen, dass die Klubs aus den Bundesländern, in denen die Kosten nicht erhoben werden, in einen Solidartopf einzahlen“. Watzke, Christdemokrat, ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA. In seinem von der CDU regierten Bundesland will Innenminister Herbert Reul den Fußballunternehmen zusätzliche Kosten bei Hochrisikospielen nicht in Rechnung stellen. Bislang.
Dass aber jeder Klub für sich sehen soll, wie er mit etwaigen Rechnungen für die Überstunden der Exekutive klarkommen soll, ist nicht nur deshalb zu hinterfragen, weil ein Ligawettbewerb unter Fußballunternehmen – Gewinnerzielungsabsicht hin oder her – nun mal nur als gemeinschaftliche Veranstaltung denkbar ist, aus der sowohl wirtschaftliche Chancen als auch sicherheitspolitische Risiken erwachsen. Sondern auch, weil dieser Wettbewerb unter Fußballunternehmen zentral vermarktet wird. Hier gemeinsam, dort einsam? Das überzeugt nicht.
Die naheliegendste Lösung ist die Umsetzung der Fonds-Idee, für die sich Mäurer nun als Vorsitzender der Innenministerkonferenz stark machen will. Doch eine möglichst umfassende Einigung setzt viel guten Willen vieler Beteiligter voraus. Veranstalter von Risikospielen ist nicht nur die DFL, sondern, von der dritten Liga abwärts, auch der DFB und seine Landes- und Regionalverbände.
Für sie verbieten sich Defensivstrategien nach dem Sankt-Florians-Prinzip noch weit mehr als für Fußballunternehmer wie Watzke.